Mittwoch, 17. Oktober 2012

"Die Kuh im Propeller" II


        In den Erläuterungen der Konsularabteilung zur Beantragung von Visa wird – selbstlobend – herausgehoben, dass die Unterlagen in ukrainischer Sprache eine freiwillige Dienstleistung der Einrichtung sind. Aber selbst hier ist die Frage: „Auch Pferde?“ nicht zu vermeiden.

        Der Visumantrag meines Stiefsohns Pavel (ukrainisch Pavlo) war am 11.04.2012 abgegeben worden – die schriftliche Ablehnung kam mit Datum vom 17. April 2012. Weil ich in diesen Tagen nicht anwesend war und die Meinigen kein Deutsch können, lasen sie natürlich das Dokument in Ukrainisch. Auf dem war kein Grund für eine Ablehnung angekreuzt.
        Als ich kam, wurden mir natürlich beide Blätter vor die Nase gehalten. Auf den Vorderseiten formell ähnlich, sah ich ebenfalls, dass die Ablehnung unbegründet war. Scheinbar. Denn die Rückseite des deutschen Dokuments hätte ich ansehen sollen. Dann wäre mir eine Entschuldigung erspart geblieben.

        Auf die scheinbar doppelte unbegründete Ablehnung antwortete ich per e-Mail mit einem Brandbrief. Bekam unverzüglich eine sehr höfliche Antwort. Amtssprache in allen Bereichen der Botschaft sei Deutsch – ich solle doch bitte das deutsche Ablehnungsschreiben umdrehen.

           Meine Entschuldigung war dennoch ohne die Frage formuliert „Auch Pferde?“.
         Wenn ich den ukrainischen „Bäuerlein“ schon Erleichterungen lobend vorstelle, muss ich doch damit rechnen, dass sie mir glauben. Vor allem als den bekanntlich recht gründlichen Deutschen. Dazu noch aus einer Visastelle bei einer Auslandsvertretung Deutschlands …

      Weshalb ist denn nun das Dokument in ukrainischer Sprache keine Kopie des deutschen, also sachlich gesehen unvollständig? Weshalb kommt ein solches Missverständnis zustande – ohne einen für die Seite der Antragsteller ersichtlichen Grund? Wenn – wie bei uns – jemand da ist, der deutsch kann, ist das noch zu verschmerzen. Wenn jedoch nicht? „Auch Pferde?“ – Selbst ich schaute finster …

           Hier weiter unten ist der kopierte Text, um den es geht. Denn es gab noch einen Grund, dass mir bei flüchtigem Hinschauen die Markierungen nicht aufgefallen waren. Sie waren nicht hervorgehoben, wie erwartet. Gewöhnlich sind solche besonderen Stellen mit andersfarbiger oder zumindest mit auffälliger, fetterer Schrift deutlicher gemacht. Psychologisch begründet – dann nämlich nicht zu übersehen. In der Visaabteilung einfach vergessen …? Oder nur nicht bedacht?

9. (X) Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auszureisen, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden.
   (X) Sie haben keine ausreichende berufliche/wirtschaftliche Verwurzelung in der Ukraine.
      (X) Sie haben keine ausreichende familiäre Verwurzelung in der Ukraine.

        Hier in diesem Post ging es in der Fragestellung einfach nur um die formelle Seite der Prozedur. Allerdings wird noch einiges zum Inhalt zu sagen sein.

        Um etwas klar zu stellen: in den Jahren 1997 bis 1999 habe ich die Vertretung eines kleinen deutschen Leasing-Unternehmens in Kiew geleitet. Welche Probleme mit den Visa für Berufskraftfahrer verbunden waren, weiß ich auch recht gut. Habe einiges in die Reihe bringen müssen – einschließlich erforderlichen Besuchs beim Konsul.
        Denn die armen Leute mussten fahren, um über die Transporte das Geld für die Leasingraten hereinzuholen. Eine einzige Ablehnung aus undurchsichtigen Gründen konnte für ein kleines Transportunternehmen das wirtschaftliche „Aus“ bedeuten.

Bleiben Sie recht gesund!

Das Lachen mit etwas Weinen im Hintergrund geht weiter.

Ihr

Siegfried Newiger






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