Vor einigen
Tagen wurde in der russischen Duma die „Stunde der Regierung“ vom
Regierungschef Medwedjew selbst eingeleitet und durchgestanden. Ungeachtet dessen,
dass in ihrem Verlauf der Minister für Bildung und Wissenschaft, Dmitrij
Wiktorowitsch Liwanow, in der Kritik aller Fraktionen stand. Mewedjew hatte
sich schützend vor seinen Kollegen gestellt.
Allerdings waren seine Argumente offensichtlich
nicht überzeugend. Denn an den Folgetagen wurde ein Entwurf für einen Brief an
den Staatschef diskutiert, von drei Fraktionsvorsitzenden unterschrieben und
auch vom Speaker der Duma, Herrn Naryshkin, der das für die Fraktion der staatstragenden
Partei „Jedinaja Rossija“ (Einiges Russland) tat.
Dem Noch-Minister wird vorgeworfen, das Bildungssystem
weiter auszuhöhlen (wie sein einstiger Chef Fursenko), ungerechtfertigte Kritik
an der Akademie der Wissenschaften öffentlich erhoben zu haben und auch ein
Gutachten bei einer amerikanischen Agentur bestellt und bezahlt zu haben,
welche heimischen Universitäten als uneffektiv zu schließen seien. Es gibt noch
andere Einzelheiten, die ich hier auslasse. Der seltene Fall, dass die gesamte
Duma so ein Ansinnen an den Präsidenten hat, ist erstmalig eingetreten. Auf die
Reaktion von Wladimir Wladimirowitsch Putin bin ich gespannt.
Er hat vor einigen Tagen eine Sitzung zur
Entwicklung der russischen Wirtschaft einberufen gehabt. Seine kritische
Analyse der Entwicklung – Zuwachs des Bruttosozialproduktes nur 2,4 % – war
deutlich, jedoch nicht niederschmetternd. Er formulierte, dass die russische
Wirtschaft insgesamt genügend Stabilitätsreserven habe. Da spielten natürlich
die noch hohen Preise der Energieträger eine Rolle, allerdings auch
Goldreserven und der angesparte Sicherheitsfond.
Was die Situation in Russland gegenwärtig bedrückend
macht: der Amoklauf in Belgorod mit 6 Toten. Es ist von einem Einzeltäter die
Rede, mit Vorgeschichte als Sträfling, verurteilt für Diebstahl und Raub. Im
vorigen Jahr entlassen, wegen psychischer „Besonderheiten“ in psychologischer
Betreuung.
In diesem Zusammenhang ein Sprung nach Boston.
Mutmaßlicher Täter des Terroranschlags: Dschochar Zarnajew – ein ehemaliger
Sowjetbürger. Er und sein Bruder Tamerlan, bei Verfolgung durch die Polizei angeschossen
und von Dschochar überfahren, wollten angeblich so „den Islam retten“. Tamerlan
sei, so sag eine andere Quelle, durch einen islamischen „Hasspriester“ im
Internet radikalisiert worden.
Recht
hatte ein Teilnehmer an der Debatte in einer russischen Fernsehsendung, den ich
hier sinngemäß zitiere: einst haben Terroristen sich Anarchisten genannt und
vorwiegend Einzelpersonen aus königlichen oder kaiserlichen Familien getötet. In
Hoffnung auf ihnen genehme gesellschaftliche Veränderungen. Heute ist das
Auswahlprinzip „Breitenwirkung“. Und noch eins: wer einst AlKhaida an seinem
Busen genährt hat, braucht auf Dankbarkeit von Terroristen nicht zu rechnen. Ende des Zitats
Bleiben Sie recht
gesund!
Ihr
Siegfried Newiger