Samstag, 26. September 2015

Erzwungene Enthaltsamkeit



Zum Grund der "Enthaltsamkeit" kann wer will etwas unter "Erlebnis Leben.com" lesen. 
Weil ich seit Mitte August 2015 nicht in der Ukraine war, kann ich die aktuelle Situation im Lande nur bedingt einschätzen. Die Dinge dort werden hier in Deutschland eigentlich nur am Rande behandelt. Denn das eigene Hemd „Flüchtlinge“ ist näher als der ukrainische Schal. Nur sollte nicht vergessen werden, dass selbst in dem osteuropäischen Land etwa 1,4 Millionen Personen auf der Flucht sind. Selbst wenn sie schon größtenteils mehr oder weniger notdürftig untergebracht sind – auch sie blicken teilweise nach Westen. In zweierlei Hoffnung: auf wesentlich wirksamere Hilfe sowohl als auf Einreise. 
Wenn sie es überhaupt mitbekommen haben, dass die fünf deutschen "Eurofigther" im estnischen Ämaari bei jedem Alarm mit voller Bewaffnung starten, juckt sie diese Art der Hilfestellung gegen Russland wenig. Auch wenn der deutsche Luftwaffeninspekteur Müllner meint, dass diese volle Kampfausrüstung mit schwerer Bewaffnung für die Moral der Truppe wichtig sei. Die geflohenen Ukrainer haben von dieser nach meiner Auffassung unnötigen Geste gegenüber Russland direkt nichts. So, wie mir im Januar/Februar 1945 auf der Flucht vor der Ostfront alles andere egal war außer Essen für uns und ein warmes Nachtlager. Deshalb kann ich arabische Muslime und ukrainische orthodoxe Christen in ihren Bestrebungen voll verstehen. Selbst wenn einige darunter sind, deren Ziele ganz anders bewertet werden müssen. 
Die langwierigen Gespräche der drei Außenminister Steinmeier, Lawrow und Klimkin in Berlin am 13. September beweisen andererseits, dass deutsche Politiker aktiv um die Beilegung des Konflikts im Donezbecken bemüht sind. Positiv ist, dass seit etwa zwei Wochen die Waffenruhe entsprechend dem Minsker Abkommen erstmalig relativ dauerhaft eingehalten wurde. 

Die Handlungen der Krim-Tataren, ihre gemeinsame Blockade von aus Russland eintreffenden Lebensmitteltransporten an dem Zugang zur Krim, einem regelrechten „Flaschenhals“, um gegen die Menschenrechtsverletzungen Russlands gegenüber dieser nationalen Minderheit zu protestieren, finden immer mehr Unterstützung auch auf der Halbinsel, wie ich von vertrauenswürdigen Gewährsleuten erfuhr. Auch wenn damit eine Verschlechterung der Versorgung verbunden ist. 
Diese Aktion wird gewiss eine Winzigkeit an der Position Präsident Putins vor der UNO am 28.09.2015 nagen. 

Zuletzt ein Strich im Geschehen. Wenn Sie Russisch verstehen, können Sie das folgende Video gewiss direkt auswerten.  https://www.youtube.com/watch?v=-KAdvHFwiqA  
Für mich ist es im Kontext mit einer Twitter-Bemerkung des amtierenden Ministerpräsidenten Jazenjuk verständlich. Er fordert in ihr die Änderung des bestehenden Systems. Im Video ist der Gouverneur von Odessa, Michail Saakaschwili, etwas direkter. Er meint, dass der mit seinen Reformen gescheiterte Pan Jazenjuk von seinem Posten abberufen werden sollte. In diesem Zusammenhang mehren sich die Stimmen, welche die Berufung eben des Herrn Saakaschwili in diese Funktion sehr deutlich befürworten. 
Wir werden sehen. 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger





Samstag, 19. September 2015

Janis Varoufakis im Gespräch



Den Post beginne ich einmal anders – mit einem Zitat von der ersten Seite des „neues deutschland“ (nd) vom19./20. September 2015: „Der US-Ökonom und Träger des Wirtschaftsnobelpreises E. Stiglitz ist von Janis Varoufakis beeindruckt, sieht nicht SYRIZA, sondern die Gläubiger-Politik gegenüber Griechenland als gescheitert an und kritisiert das demokratische Defizit Europas.“ Zitat Ende 
Als ich heute Morgen den dunkelrosaroten Blickfang der obigen Zeitung sah und das Zitat ganz las, nahm ich das Blatt mit. Um daheim den gesamten Artikel zu lesen. Er war so gut wie erwartet. Bleibt zu hoffen, dass die geäußerte Meinung auch zu jenen dringt, welche an den Schalthebeln der ökonomischen Entscheidungen sitzen. 
Denn eigentlich hat Herr Stiglitz mich überholt. Nicht, was den Nobelpreis anbetrifft. Weil ich doch nicht größenwahnsinnig bin. Aber zu Janis Varoufakis hatte ich hier aus ähnlichem Grund schreiben wollen. Der Anlass: ich habe sein Buch „TIME FOR CHANGE – Wie ich meiner Tochter die Wirtschaft erkläre“ (Carl Hanser Verlag, ISBN 978-3-446-44524-6) fast in einem Atemzug ausgelesen. 
Was ich vor Jahrzehnten bei Karl Marx mit gewissen Schwierigkeiten lernen konnte – weil ich musste – ist hier leicht fasslich und mit praktischen Beispielen aus der von ebendiesem Marx im Wesentlichen zutreffend vorausgesagten wirtschaftlichen Jetztzeit sachkundig und sinnvoll angereichert. Die Leichtigkeit der Darlegung zeigt, wie sehr Varoufakis den Stoff beherrscht. Der zweite Teil des Titels rührte mich an. Der Verfasser hat eindeutig keine anderen Ambitionen als die von ihm formulierten. Nur: sie sind bescheiden ausgedrückt – das Buch sollte Literatur für alle oberen Gymnasialklassen sein! 
Wenn im Gespräch mit Simon Poelchau (nd) Herr E. Stiglitz zu J. Varoufakis formuliert: „Er ist eine sehr dynamische Person und ein sehr guter Ökonom.“ – dann vertraue ich dem Mann, welcher 1999 unter Protest seinen Posten als Chefökonom der Weltbank verließ. Weil er deren Politik nicht vertreten wollte. Allerdings bin ich dann auch gezwungen, seine im erwähnten Gespräch geäußerte Meinung zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu akzeptieren: „Es war eindeutig, dass er die Krise nicht aus den Augen eines Ökonomen betrachtet. Für Schäuble geht es nur darum, dass in Europa die Regeln eingehalten werden.“ Diese Einschätzung ist leider bitter.
Die harsche Kritik von Mister Stiglitz daran, dass Europa Regeln nicht ändern will, welche es kaputt gemacht haben (so von ihm gesagt - kaputt), sollte die Entscheidungsträger aufmuntern, sich damit zu beschäftigen. Aber die werden abwimmeln. Weil sie „neues deutschland“ nicht lesen, kennen sie auch das Gespräch nicht. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. 
Oder doch? 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger