Mittwoch, 22. Januar 2014

Schweigen?


          Die Vorgänge in der Ukraine – genauer: in der Hauptstadt Kiew und einigen Gebietshauptstädten möchte ich eigentlich nicht kommentieren. Uneigentlich – ich kann mich nicht daran vorbeimogeln. Dazu veranlassen mich die Fakten, die mir zugänglich werden.
          Wenn mich ein Bekannter in Belaja Zerkov beim Morgenspaziergang mit Hund so begrüßt: „Komme mit in unseren Stab. Da kannst du nachträglich General werden!“ – dann ist das kein gutes Zeichen. Selbst wenn das Angebot als solches ehrenhaft scheint.
         Dem Vorschlag habe ich mich entzogen mit der Bemerkung, ich würde mich als Ausländer im Gegensatz zu Anderen – auch hochgestellten Politikern – nicht in die inneren Angelegenheiten der Ukraine einmischen. Für politische Unkorrektheiten besitze ich nicht genügend diplomatischen Schutz.
          Dann bekomme ich von einem anderen so beiläufig gesagt, dass jeder Krieg die Nation säubere. Das „reinigende Stahlgewitter“ unseliger deutscher Vergangenheit lebt auf!?... 
            Am Abend des 21. Januar 2014 sah ich einen Teil des Fernsehauftritts von Arsenij Jazenjuk. Einer der Anführer der Protestbewegung der Opposition. Die Formulierungen in seiner Ansprache in Ukrainisch verstehe ich nicht ganz, bin aber zu Familiendisziplin vor der Mattscheibe angehalten. Allerdings habe ich die heimische Sitzung verlassen, als ich folgende Sentenz sinngemäß voll verstand. „Wir haben zwei Handlungsmöglichkeiten. Für eine bleiben uns 24 Stunden Zeit. Dann ist nur noch eine offen. Ich werde nicht mit Schande weiterleben. Dann lieber eine Kugel ehrlich in die Stirn.“ 
            Der für mich große Politiker Vaclav Havel hat einmal in etwa formuliert, dass Politik nicht nur bedeute, das erdenklich Mögliche umzusetzen, sondern auch das scheinbar Unmögliche einer vernünftigen Lösung zuzuführen.
         Mir erscheint der mit einer scheinbaren persönlichen Entscheidung getarnte Aufruf des Arsenij Jazenjuk zur Erduldung von Gewalt bis hin zur Todesfolge, um einen Bürgerkrieg auszulösen, eine „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ – wie ich das einmal gelehrt bekam. Für sich kann er das ja gerne entscheiden  aber anderen zu empfehlen, das Unwiderbringliche zu opfern das LEBEN erscheint mir denn doch als sehr bedenklich.  
            Vor den möglichen Opfern der „Revolution“ habe ich in meinem vergangenen Post gewarnt („Führer gesucht…“). Nun sind auch sie da. Jazenjuk will offensichtlich weitere. Da muss ich erneut auf Vaclav Havel zurückkommen – mit einem belegten Zitat: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Politik kein unredliches Geschäft ist. Und insofern sie es doch ist, wurde sie von Politikern dazu gemacht.“
        Auch habe ich zu der politischen Aktivität der Opposition formuliert, mir scheint, dass für die „Zeit nach der Machtübernahme“ keine deutlichen Konzepte existieren. Letztmalig Havel in diesem Post: „Solange wir um die Freiheit kämpfen mussten, kannten wir unser Ziel. Jetzt haben wir die Freiheit und wissen gar nicht mehr so genau, was wir wollen.“ Bestürzend ehrlich – damals. Die Oppositionäre hier haben – wie mir scheint – noch nicht begriffen, was ich am 18. Dezember 2013 in „Rathenau aktuell?“ schon schrieb und der deutsche Satiriker Dieter Hildebrandt sehr knapp formulierte: „Politik ist nur der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.“.
          Denn die ukrainische Wirtschaft ist mehr mit dem nördlichen Nachbarn verzahnt, als vor allem Herr Tjagnibok wahr haben will. Und als Premierminister – was das Schicksal verhüten möge! – anzuerkennen genötigt wäre.
          Bei mir entsteht der Eindruck, dass im Interview mit dem ukrainischen Journalisten Olesj Busina seine Gesprächsbasis passend zu „westeuropäischer Demokratie“ war. Er bezog sich auf die ständigen handgreiflichen Auseinandersetzungen im ukrainischen Parlament und wies darauf hin, dass er in seinen Artikeln und Reportagen immer Formulierungen gebraucht hätte, welche bei aller Kritik nie persönlich verletzend waren. So dass immer die Möglichkeit weiterer fruchtbarer beruflicher Kontakte erhalten blieb.
           Er verwies weiter darauf, dass in keiner der westlichen Demokratien während Protestdemonstrationen durch Besetzung der Arbeitsräume von Behörden die tägliche Funktion des gesellschaftlichen Lebens (Munizipalität) gefährdet wurde. Warum verschlechtern, was so schon nicht ordentlich läuft... Hierher passt eine Formulierung von Robert Quillen: „Diskussion ist ein Austausch von Intelligenz, Streit ein Austausch von Dummheit.‘‘

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger






Sonntag, 19. Januar 2014

Führer gesucht...


           Es ist so, dass der Begriff „Maidan“ – was aus dem Ukrainischen übersetzt einfach nur „der Platz“ bedeutet –  in den letzten Wochen zum Symbol wurde. Nicht nur für  den zumindest an Wochenenden wieder stärker aufflackernden Unmut über viele Reaktionen der Staatsmacht. Sondern auch für die mit den Aktionen dieser Macht verbundenen neu auftauchenden Probleme.
           Mir wird immer unwohler bei dem Gedanken, dass der „Volkswille“ außer Rand und Band gerät. Die letzten erlassenen Bestimmungen, darunter das Verbot zum Tragen von Helmen, haben den Unwillen der Massen geschürt. In eigener Familie der Kommentar meiner einstigen Bautechnikerin: „Auf Baustellen darfst du nicht ohne Helm, auf dem Motorrad ist er Pflicht – was hat man sich bloß dabei gedacht?“
         Allerdings wird die letztgenannte Einschränkung von den Leuten erfinderisch umgangen. Das reicht von der Verwendung von Kochtöpfen und Pfannen als Kopfbedeckung – auch mit der Aufschrift „Dies ist kein Helm!“ darauf – bis zu anderen fantastischen Kopfschützern. So handeln Menschen, die zu ihrem Wunsch nach Veränderungen im Lande auch Humor haben.
        Dazu kommt leider der zweite Teil der Menge – die Radikalen. Es ist offenes Geheimnis, dass dies vor allem die Anhänger des Herrn Tjagnibok sind. Die verwerfliche Schändung von Kriegergräbern im Gebiet Lwow (Lviv) oder in Kiew die besonders aktive Teilnahme dieser Personengruppe am Sturz des Lenindenkmals beweist das Gewaltpotential, welches mich beunruhigt. (Den Fakt als solchen kommentiere ich nicht).
         Denn am gestrigen Abend (19.01.2014) gingen in Kiew einige KFZ des „Berkut“ oder anderer Sicherungskräfte in Flammen auf. Wenn hier das von J. W. v. Goethe beschriebene und bei Situationen in Libyen, Ägypten, Syrien und anderen Regionen zu beobachtende Prinzip „Zauberlehrling“ zu wirken beginnt, wird es zu spät. 
       Für jene, welche das Gedicht nicht kennen, das Kernzitat: „Die ich rief, die Geister, werd ich nicht mehr los!“
           Bei aller Mühe – was vorher geschürt wurde, geht ab bestimmter Aufputschung „der Straße“ in unkontrollierbare Handlungen über. Leider sind die Berichte der meisten Massenmedien wenig beschwichtigend. Wer  sein Brot mit Sensation verdient, sollte die mit jener verbundene Gefahr nicht zusätzlich verschärfen...

          Als dritte Komponente sehe ich zum Glück auch immer mehr Plakate, welche nach einem „Lider“ rufen. Leider lässt sich das Wort ins Deutsche nur als „Führer“ übersetzen – ein Ausdruck aus unserer deutschen Vergangenheit mit für mich zweifelhafter Ausstrahlung. Dessen aufgehetzte Horden 1933 – aber auch davor und später – zeigten, wozu irre geleitete unzufriedene Menschen in der Lage sind.
         Die Suche nach einem „Leiter“ (die Verwandschaft des Wortes mit „Leittier“ fiel mir soeben auf) ist der Trend hin zu dem, was ich in meinem gestrigen Post „Ein aufrechter ukrainischer Politiker“ schrieb. Was wohl in der „Washington Post“ auch als Fehlen eines echten „Leaders“ für die kommende Entwicklung im ukrainischen politischen Alltag sehr zutreffend ausgedrückt wurde.
           Am gestrigen Abend formulierte der wortgewaltige Herr Jazenjuk für mich seine innere Abkehr von aller politischer Verantwortung, als er von den geplanten Verhandlungen Opposition-Staatsmacht berichtete. Er sähe in dieser  Verantwortung für das eigene Schicksal „das ukrainische Volk“.
              Glänzend!
         Schon vor gut 60 Jahren wurde mir erklärt, dass entsprechend der Sozialismusidee der „Klassiker des Marxismus/Leninismus“ die Köchin zur Lenkung des Staates befähigt sei. Von den Köchinnen sahen wir immer recht wenig – und die Köche haben uns mit in den „kalten Krieg“ genommen. Mit allen daraus resultierenden historischen Ergebnissen. Stark vereinfacht – aber vielleicht doch verständlich.
            Gewisse Hoffnung gibt mir schon, dass die Suche nach dem „Leiter“ schon auf der Straße angekommen ist. Nur: ob er dort zu finden sein wird?

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger






Ein aufrechter ukrainischer Politiker


            Gewöhnlich halte mich mich mit Urteilen und Meinungen zur ukrainischen innen- und außenpolitischen Situation sehr zurück. Was hier kommt, sind fast nur reine Übersetzungen.  Zur Quelle: alles hier Folgende beruht auf Internetveröffentlichungen der ukrainischen Zeitung „Komsomolskaja Prawda“.
           Wesentlich ist für mich, dass der ukrainische Politiker Anatolij Grizenko, von dem die Rede ist, zwei Jahre lang (2010-2012) der Verteidigungsminister des Landes war und damit „Insider“ genannt werden kann.
         Er erklärte im Äther des „Bürger-TV“ etwas dazu, dass die Umgebung von Arsenij Jazenjuk die Gespräche der Silowiki kontrollierte (russisch-ukrainische Bezeichnung für die Gruppe der Minister, denen Polizei, Armee und andere Sonderdienste unterstehen) und wissen konnte, dass die Möglichkeit der gewalttätigen Auflösung des Meetings auf dem Maidan in der Nacht zum 30. November (2013) bestand. Einer der Offiziere des „Berkut“ übergab Grizenko die Radioaufzeichnungen (gemeint scheinen Audiomitschnitte – der Übersetzer) aller Spezialeinheiten in der Nacht vom 29. Auf den 30. November (2013) in der Zeit von 3:00 bis 6:20 (Uhr).
        „Ich habe diese Aufzeichnungen offiziell an Viktor Pshonka übergeben.“ – sagte Grizenko. Nach seinen (Grizenkos) Worten meinte Jazenjuk, dass er das nutzlos getan hätte. Grizenko zitierte das Gespräch mit Jazenjuk: „Bis zu dem Augenblick kontrollierten wir alle Funkgespräche des „Berkut“. Das heißt, wir hatten Zugang zu ihrer Frequenz, hörten die ab und wussten, wohin „Berkut“ sich bewegt. Als ich die Aufzeichnungen übergab, fiel diese Möglichkeit angeblich aus. Da habe ich diese Frage: wenn die Gespräche kontrolliert wurden, weshalb bewahrte man die Menschen nicht vor den Schlagstöcken? Weshalb kam man nicht unmittelbar mit dazu?“
          Mein Kommentar: noch nicht an der Macht, aber schon Abhörpraxis a la USA-Geheimdienst oder ukrainischer Major Melnishenko (welcher seinen obersten Dienstherren bespitzelte). Wladimir Putin sagte dazu voreilend etwas auf seiner großen Pressekonferenz vom 19. Dezember 2013 (s. Post „Potpourrie“ auf diesem Blog) „Geheimdienste gehören zu den ältesten Berufen der Welt. Den ältesten kennen sie sicher.“ und hatte die Lacher auf seiner Seite.
         Der Konflikt zwischen dem Abgeordneten Grizenko und dem Leiter der „Batkowtshina“ Arsenij Jazenjuk verschärfte sich, nachdem die Fraktion auf ihrer Sitzung einmütig beschloss, Grizenko von dieser auszuschließen.  Als Antwort auf diese Handlung seiner Kollegen schrieb Grizenko am 14.01.2014 eine Erklärung über seinen Austritt aus der „Batkowtshina“, wonach Jazenjuk von ihm verlangte, dass er sein Mandat als Abgeordneter niederlegen solle.
       Eine diesbezügliche Erklärung ließ Grizenko am 17.01.2014 beim Parlamentspräsidenten Rybak registrieren. Das ist – wenn ich den Kommentar von Herrn Grizenko hier beurteile, sowohl eine politisch aufrechte Haltung als auch ein Beispiel für Treue zu persönlichen Grundwerten.
        Er erklärte: “Ich wurde in das Parlament der Ukraine gewählt und nicht in das von Nordkorea. Ich kann nicht in einer Werchownaja Rada (Parlament – d. Übersetzer) arbeiten, welche mit ihren Gesetzen die verfassungsmäßigen Grundrechte von 45 Millionen Bürgern verletzt und statt die Demokratie zu stärken, den ukrainischen Staat in eine Diktatur verwandelt.“ erklärte Anatolij Grizenko sein Handeln. 
        Nach den Worten des Politikers „…widerspricht die Situation, welche während der Abstimmung zum Budget und der Annahme der repressiven Gesetze entstand, meinen Lebensprinzipien und Grundwerten.“ Kein weiterer Kommentar.

          Noch etwas Bemerkenswertes aus dem ukrainischen und internationalen politischen Umfeld. Ein bekannter ukrainischer Politologe kommentierte die veröffentlichte Entscheidung der drei Spitzenleute der Opposition, zum ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine im kommenden Jahr drei Kandidaten aufzustellen so, dass dabei eindeutig die persönlichen Ambitionen über die politische Vernunft gesiegt hätten. So läßt sich Uneinigkeit auch beschönigen.
         Mir scheint hier sogar das militärische Prinzip des „Getrennt marschieren – vereint schlagen!“ vergessen zu sein. Natürlich sind da in einem Jahr immer noch Korrekturen denkbar. Aber zurzeit sehe ich auch wenig Einmütigkeit in den Reihen der Opposition. Wesentlich erscheint mir - auch kaum programmatische Vorstellungen für politisches und vor allem ökonomisches "Danach"... 
         Aber auch in Westeuropa und den USA bröckelt viel von dem, was noch vor kurzem sehr nachdrücklich zur Debatte stand. Man scheint in Brüssel bereit zu sein, sich zu dritt an einen Tisch zu setzen. Den Nachbarn Russland dazu zu bitten. Die führenden USA-Politiker denken laut darüber nach, sich für einen Kredit der Weltbank an die Ukraine in Höhe von eben den 15 Milliarden US-$ stark zu machen. Das Erstaunliche daran – das ist genau die Summe,  welche Russland schon seit einiger Zeit der ukrainischen Regierung zu Verfügung gestellt hat. Will man die „Ostschuld“ ablösen lassen?

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger






Donnerstag, 9. Januar 2014

Neujahr in Fernost

            Die Umrüstung auf Windows 7 hat Zeit gekostet - deshalb kommt dieser Post später als beabsichtigt. Weil auch die Information erst verspätet ankam, auf der er aufbaut. Es geht wieder einmal um Wladimir Wladimirowitsch Putin.
            Weil er etwas tat, das erneut nicht in das bei vielen westlichen Medien gepflegte "Schema russischer Präsident" passt.
           Dass er seine kurze Neujahrsansprache sowie die Wünsche an seine Landsleute aus dem Fernen Osten an sie richtete, aus der in 2013 von der ungeheuren Flutkatastrophe betroffenen Region Chabarowsk - das allein war für mich schon bemerkenswert. Er war im besten Sinne des Wortes "unter das Volk gegangen".
           Gewiss mit allen dazu gehörigen Sicherheitsvorkehrungen - aber das ist Beiwerk. Für mich. Viel interessanter war, was das russische Fernsehen zu dem ganzen Vorgang etwas später zeigte - für die ewigen Kritiker: zeigen durfte.
       
           Hier der Link dazu:
           http://news.kremlin.ru/video/1695

           Putin flog nämlich vor seinem Treffen mit den noch in Behelfsunterkünften lebenden Flutopfern in Chabarowsk nach Tshita. Dort wurde von ihm die Familie des Unteroffiziers Bansarakzajew an Bord des Präsidentenliners gebeten. Dieser Mann war bei den Rettungsarbeiten während der Flutkatastrophe ums Leben gekommen.
            Nicht nur, dass Putin noch an Bord bei einem Gespräch mit Tee und Backwerk dem 6-jährigen Sohn des Verunglückten ein ferngesteuertes Auto schenkte und allen Familienmitgliedern andere Neujahrsgeschenke übergab. So, wie das in slawischen Ländern üblich ist.
            Sondern er überreichte - das allerdings erst im Kulturpalast von Chabarosk vor allen Gästen des Neujahrsempfangs - der 14-jährigen Tochter des Verunglückten auch ihren Personalausweis.
             Für jeden, der ein wenig tiefer russische und sowjetische Geschichte kennt, ein bezeichnender, symbolischer Vorgang.

            Alle jene, die von mir hier beschriebene Vorgänge als public-relations-Mache abtun - sie sollten wenigstens die hohe Qualität anerkennen.

            Dass der russische Präsident auch frei Puschkin zitiert, aber ansonsten frei von der Leber weg eben wie Putin argumentiert, tut seinem Rating im Lande gut. Denn er rangiert weit vor anderen russischen Politikern. Hat selbst bei westlichen Rating-Agenturen einen vorderen Stellenwert.
           Dem tut auch kein Abbruch, dass ihm böse Zungen nachreden, er hätte 30 Milliarden US-$ auf Konten irgendwo liegen. Oder zum heutigen Kurs fast eine Billion Rubel.
           Mich erinnert das an die Kampagne um Ghadaffi. Der zu seinen Lebzeiten für sein Volk bemerkenswerte soziale Leistungen durchsetzte. Auf Basis der im Boden des Landes liegenden Rohstoffe. Im Westen bei den einfachen Bürgern fast absolut unbekannt. 
            Das alles wurde mit Hilfe westlicher Militärs und Waffen von seinen Gegnern (liebenswerten Oppositionellen!) in den Boden gestampft. Unter heutigen Bedingungen ist Lybien für mich das beste Beispiel ruinöser "Freiheit" - die sie meinen. Um die angeblichen - oder echten (?) - Auslandskonten des gestürzten "Diktators" ist es bemerkenswert still geworden... 

             Wladimir Wladimirowitsch versprach den von ihm aufgesuchten Bürgern laut und deutlich, dass ihre Probleme im Neuen Jahr auf jeden Fall gelöst werden. Die finanzielle Absicherung sei schon in vollem Umfang an die Regierung der Region gegangen.
             In den Kulturpalast der Stadt hatte er zum Neujahrsempfang nicht nur die Bewohner der Behelfsunterkunft eingeladen, sondern auch nicht wenige Angehörige bewaffneter und anderer Kräfte, welche sich im Sommer den Fluten regelrecht entgegengestemmt hatten.
             Das russische Fernsehen zeigte einen kleinen Ausschnitt davon, wie Putin mit der "mitgehenden" Menge den gemeinsamen Abschluss seiner Rede trainierte. In welcher er - auch nicht im Stile Puschkins - den Terroristen von Wolgograd deren endgültige Vernichtung versprach.
             Aber das ist schon ein anderes Thema.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger










Nordkorea durchquert


            Die Umstellung auf Windows 7 ist abgeschlossen – das hat ein wenig gedauert. Inzwischen konnte ich auf dem Notebook des Stiefsohnes zumindest meine Post lesen. Dort hat mir ein guter Bekannter einen höchst interessanten Link zugeschickt. Den auszuprobieren kann ich nur empfehlen:
           Denn was die zielstrebigen Neuseeländer erreicht haben und mit einem Video dokumentieren, ist famos. Auch wenn es für mich etwas kritisch zu bemerken gibt.
             Da ist als erstes der rot-gelb gestrichene Waggon auf der russischen Grenzstation Chassan. Er bringt wegen seiner abgedunkelten Fenster (schwarz gestrichen) die Einwohner der süd-westlichen Welt auf die Idee, er würde gewissermaßen spionagesicher ausgerüstet sein.
             Meine ukrainischen und russischen Freunde haben mir bestätigt – der angehängte Flachwaggon beweist es zusätzlich: der bunte Wagen ist ein Eisenbahnbauwagggon. In dem die Schichten schlafen und leben können, wenn an einer  Strecke der russischen Eisenbahn irgendwo eine längere und aufwändigere Reparatur notwendig ist. Für Grenzübertritt gewöhnlich nicht gedacht…  
             Was von Nordkorea im Bild der Neuseeländer zu sehen ist, finde ich informativ. Die Hinweise auf die lange Geschichte des Landes ebenfalls. Was ich allerdings erwartet hätte – einige Bemerkungen dazu, wie kaiserliches Japan und zaristisches Russland schon vor rund 100 Jahren ganz Korea als ihre Einflusszone betrachteten und es schließlich 1910 als japanische Kolonie unter Fremdherrschaft bis 1945 kam. Das bringt einem das Verständnis näher.
             Als ehemaliger Bürger der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik glaube ich auch, den Nordkoreanern psychologisch etwas näher zu sein. Zumal ich die Praxis einer fünfjährigen Bekanntschaft mit hoch intelligenten Menschen aus diesem Lande während meines Studiums in Moskau hatte.
            Deshalb stimme ich einem der Kommentare zu, in dem der deutsche Untertitel lautet: „Und du fragst dich, ob du da viel hinein interpretierst.“ Das ist gewiss so. Die sich selbst gestellte Frage der Neuseeländer, ob den Leuten von staatlichen Stellen ein Landstrich zum leben und arbeiten zugewiesen wird, ist eindeutig eine solche Interpretation. Ein Bergbauingenieur Englands, Australiens oder der USA wird seine Arbeit in einem Bergbaugebiet finden – in Deutschland einst das Ruhrgebiet. Und die Bergarbeiter in den ukrainischen Kohlengruben um Lugansk kommen aus der Umgebung – und fahren nicht über hundert Kilometer irgendwo hin zur Arbeit.
             Warum soll aber gerade das sesshaft sein  in Nordkorea „erzwungen“ werden?
            Das unschuldige Ansinnen der einzigen Motorraddame, im heiligen Bergsee vielleicht nackt baden zu dürfen, konnte sie im Video ja äußern. Sicher haben die koreanischen Begleiter eine später vielleicht diesbezügliche Anfrage sehr nachdrücklich verneint – höflich, aber unnachgiebig.
            Aus meinen Erfahrungen mit nunmehr 18 Jahren Ukraine – da sagt man in ähnlichem Falle poetisch: „Du sollst nicht mit eigenem Gesangbuch in eine fremde Kirche gehen.“  

         Die ausgelassene Gesellschaft Koreaner am Meeresstrand, wo die Neuseeländer ein wenig badeten, machte keinen unterernährten Eindruck – und vor allem auch keinen zur-Fröhlichkeit-befohlenen.
           Wir lebten in der DDR auch bescheidener – aber wir haben gelacht, getanzt, geliebt und nicht eben schlecht gearbeitet.
           Anpassungsfähigkeit an Gegebenheiten ist eine natürliche Gabe – keineswegs eine Erbsünde der Leute aus „ungeliebten Regimes“, sondern auch im gewöhnlichen Kapitalismus. Sonst hätten wir Menschen als biologische Art unter ungünstigen Bedingungen  nie überleben können!

            Ja, Korea ist seit 68 Jahren geteilt. Dass da in den 80-er Jahren noch alte Männer wehmütig in den Süden schauten (du umgekehrt), ist denkbar. Nur dürften die Barrieren zwischen Nord und Süd in Korea noch größer sein als in dem nach rund 44 Jahren wiedervereinigten Deutschland. In welchem es heute noch Stimmen gibt, die Mauer noch höher als sie war wieder aufzurichten. (Quellenhinweis im Post „Der erste Besuch“ vom 29. Juni 2012)
             Da das Problem der „alten Männer“ sich ganz natürlich verflüchtigt (bin 76 Jahre alt), dürfte dieser Grund für eine Vereinigung bald verschwunden sein.
        Dass wir alle mit der propagandistisch so geliebten „FREIHEIT“ wirklich echte Grundwerte überreicht bekamen, bezweifele ich seit langem…

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger