Montag, 25. März 2013

Diskussion

          Nun ist auch Boris Beresowski seinen letzten Weg gegangen. In England - obwohl er, nach dem letzten Interview mit ihm zu urteilen, sich nach Russland zurück sehnte. Er hat gegenüber dem Reporter sogar seinen Brief erwähnt, den er diesbezüglich an den russischen Präsidenten hat übergeben lassen. Die Bestätigung durch den Pressesekretärs von Putin ist erfolgt.

          Es gäbe keinen Grund, hier etwas zu einem bankrotten ehemaligen russischen Oligarchen zu schreiben, der dazu auch in der Schweiz und in Brasilien auf den Fahndungslisten stand. Mit seinem Wissen hätte er nach seiner Dissertation zur Entscheidungstheorie eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen können.
          Aber er ging in die Wirtschaft und in die Politik. Man spricht davon, dass er entscheidenden Einfluss darauf genommen hätte, Präsident Putin als Nachfolger Jelzins in das Amt zu manövrieren. Allerdings scheint er später erfasst zu haben, dass dieser Präsident nicht von ihm lenkbar war.
          Dennoch scheute sich Beresowski nicht, unter Bezug auf einen Vorgang in St. Petersburg während einer Fernsehsendung von Putin als einem "nicht käuflichen Menschen" zu sprechen. Das schloss nicht aus, den führenden russischen Politiker in einer anderen Sendung als machtgierig zu charakterisieren und bei Erreichung dieser Ziele auch als extrem skrupellos.

          Die russische Hauptstadt London (s. meinen Post vom 03.12.2012 "Verlege Hauptstadt") hat eine Person verloren, die vor allem über das Insiderwissen verfügte, in Vorgänge eingreifen zu können. Das auch vorher tat. Als sie auch noch mit dem notwendigen Geld eingreifen konnte. In die "Blumenrevolutionen" der Staaten aus dem Verband der einstigen Sowjetunion.

          Die Diskussionen um diesen Tod sind vielschichtig. Am unsinnigsten jene, in welcher von einem Doppelgänger die Rede war - "...wie bei Stalin, Saddam Hussein, Bin Laden...". Wir werden danach noch einiges erwarten dürfen von denen, die folglich noch leben und Entscheidungen vorbereiten.

Bleiben Sie recht gesund!   

Ihr

Siegfried Newiger





Freitag, 22. März 2013

Oberfähnrich?

          Es ist für mich immer wieder erstaunlich, worauf Personen verfallen, welche ohne Richterspruch ja nicht als Verbrecher bezeichnet werden dürfen. Gesetzesbrecher ist vielleicht die juristisch-mediengerechte Vorab-Bezeichnung. Es geht - wie in diesem Blog häufig - wieder einmal um Russland. Um eine Gruppierung, welche  vorliegenden Informationen nach vom ehemaligen Oberfähnrich Danieljan gelenkt wurde. Mit welchen Methoden er und seine Helfershelfer die Möglichkeit ausnutzten, das wichtige Wohnungsbauprogramm für Armeeangehörige zu persönlicher Bereicherung auszunutzen, soll hier nicht dargelegt werden.

          Für mich ist verwunderlich, dass die Kontrollmechanismen innerhalb dieses Ministeriums dermaßen unwirksam waren, dass 150 Wohnungen im Gesamtwert von etwa 1 Milliarde Rubel (cirka 25 Millionen Euro) erst an fiktive Berechtigte vergeben, später privatisiert und verkauft werden konnten. 

          Die Wohnungsfrage ist in Russland auch heute noch ein riesiges Problem. Der von Michail Bulgakow zwischen 1929 und 1940 geschriebene Roman "Der Meister und Margarita", welcher offiziell erst 1966 gekürzt veröffentlicht wurde, beruht im Grunde auf diesen sozialen Spannungen. Ich habe beispielsweise als Student eine sogenannte "kommunalka" kennengelernt, in welcher unterschiedlich viele Personen einer Familie in einem Raum (Zimmer) lebten, alle aber nur zwei Großwaschräume (Duschräume) und Großtoiletten mit "offenen Abteilen" benutzen konnten - getrennt nach Weiblein und Männlein. Dazu zwei oder mehr Gemeinschaftsküchen mit mehreren großen Gasherden, in welchen ich der "weiße Rabe" war, wenn ich meiner damaligen Frau und mir etwas Schmackhaftes nach deutschem Rezept zubereitete.

          Wenn es nun die erklärte Absicht des russischen Präsidenten und der russischen Regierung ist, denjenigen bessere Lebensbedingungen zu verschaffen, welche fast täglich bereit sind, ihr Leben einzusetzen für die Sicherheit des Landes - dann ist es besonders beschämend, dass unter den "Vaterlandsverteidigern" und in ihrer Umgebung jene finden, welche dieses Programm sabotieren.

          Dass genannte Gesetzesbrecher meinen, in der Manier einiger Oligarchen in den ersten Jahren des Übergangs Russlands zur Marktwirtschaft sich bereichern zu können, macht weder die einen noch die anderen zu ehrenhaften Persönlichkeiten. Wobei die großen Geschäftsleute wenigstens noch für Arbeitsplätze und deren Entwicklung mit sorgen.

          Allerdings mache ich hier wieder meine Bemerkung: auch in Deutschland und nicht nur dort haben Rechnungshöfe nicht selten Gelegenheit, die nicht zweckgerechte Verwendung von oft nicht unbedeutenden Mitteln festzustellen. 
          Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen...

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger







Sonntag, 17. März 2013

Sonntag der Vergebung

          Mit dem heutigen Sonntag beginnt bei den orthodoxen Christen - vor allem zuhause in den Staaten mit slawischer Bevölkerung, sprich Russland und Ukraine - das vorösterliche "große Fasten". Dieser Sonntag wird auch als der Sonntag der Vergebung bezeichnet. Man sagt zueinander "Vergib mir" und küsst einander dreifach auf die Wangen. Der Patriarch Russlands hat bei seiner heutigen Messe darauf hingewiesen, dass vor allem auch im engen Familienkreise und mit allen Nächsten diese Sitte gepflegt und geübt werden solle - um die Harmonie zu bewahren, welche ab und an auch ohne Absicht gestört wird. 

          Diesen Gedanken hat Johann Wolfgang von Goethe so formuliert:  
          "Mit fremden Menschen nimmt man sich zusammen, da merkt man auf, da sucht man seinen Zweck in ihrer Gunst, damit sie nützen sollen. Allein mit Freunden lässt man sich gehen. Man ruht in ihrer Liebe, man erlaubt sich eine Laune, ungezähmter wirkt die Leidenschaft, so verletzen wir am ersten die, die wir am zartesten lieben."

          Im größten Frauenkloster der Welt, in Diweewo, sagte eine Holzschnitzerin dem Reporter in diesen Sonntag betreffenden Interwiev sinngemäß: "Wir sind hier im Kloster. Nur hat jede von uns ihre Eigenheiten und Vorstellungen. Die können einander widersprechen, also die Gesprächspartnerinnen verletzen, auch ungewollt. Nach dem "Verzeih mir!" fühlen sich alle Seiten besser."

          Am Ende dieses eindrucksvollen Berichtes haben sowohl der Journalist, welcher die Sendung "Wochenzusammenfassung" moderierte, als auch die Leiter der Fraktionen in der Russischen Duma (Parlament) ihre Landsleute um Vergebung gebeten. Für alle die Unterlassungssünden, die trotz täglicher intensiver Arbeit vorkommen. Fand ich etwas zu aufgesetzt, public relations. Denn wenn ich die gesamte Sendung bewerte: es gibt in Russland noch unheimlich viel zu tun durch alle wahren Patrioten für die Mehrheit der Bevölkerung und gegen eine große Anzahl jener, die ihre Stellung zu persönlicher Bereicherung ausnutzen. Letzteren zu verzeihen - auch nur heute - empfinde ich als unzumutbar.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger





Freitag, 15. März 2013

Wer sind die Gudkows?

          Vater und Sohn Gudkow sind aus der Partei "Gerechtes Russland" (Sprawedliwaja Rossija) ausgeschlossen worden. Den Grund für das schon vor einiger Zeit erfolgte Verschwinden des Vater aus der Russischen Duma, dem Parlament: er hatte sein einträgliches Unternehmertum nicht aufgegeben. Das Oberste Gericht hat seine Beschwerde zurückgewiesen.
          Den äußeren Anlass für den Ausschluss des Sohnes Dmitrij  aus der Partei kenne ich wohl. Am gestrigen Abend gab es dazu eine Diskussion im russischen Fernsehen. Der intelligente junge Mann wollte seine "Ehre" retten. Das gelang ihm nicht. Es ist mir auch herzlich egal. Wer sich in die Politik begibt, vor allem in deren obere Etagen, sollte die Regeln des Spieles dort besser kennen als ein Spieler der Bundesliga die Fußballregeln.

          Ein amerikanischer Präsident hatte nach seiner Amtszeit einmal im Ausland von einem zudringlichen Reporter die Frage gestellt bekommen, weshalb er daheim die neue Regierung eifrig und mit Sachkenntnis kritisiere, im Ausland ebenso verbissen die Politik dieser Regierung gegen jeden Angriff in Schutz nähme. Seine Antwort hat sich mir eingeprägt - hin und wieder zitiere ich sie, wenn man mich nach deutscher Politik fragt:

          "In den USA bin ich Bürger meines Landes. Im Ausland bleibe ich Bürger meines Landes."

          Dmitrij Gudkow, mit zur Leitungsspitze der außerparlamentarischen Opposition gehörend (Mitglied im Koordinierungsrat der  Opposition), bleibt sein Sitz in der Duma erhalten. Vielleicht ist hier der Zusatz "noch" angebracht. Allerdings hat er offensichtlich obiges Zitat nicht gekannt. Dann gilt: Unkenntnis schützt nicht vor Strafe. Oder er ist ein Risiko bewusst eingegangen. Das wäre das slawische "na awos" - auf  deutsch nicht so einfach "aufs Geratewohl" zu übersetzen. Das französische "laissez faire" ist da wohl etwas genauer. Es hat allerdings nicht so geklappt, wie anscheinend erwartet. Er hat Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Allerdings nicht die wohlwollende, auf die er nach allen Anzeichen wartete.

          Die russischen Verhältnisse sind weit weg von idealen. Die werden auch in Deutschland und den USA  nie erreicht. Weil ideale Ziele. Aber in Russland ist vieles in Bewegung - wenn auch mit Hindernissen. Dazu noch neue außenpolitische Sandkörnchen ins Getriebe zu werfen, ist alles andere als patriotisch. Dima Gudkow könnte lernfähig sein...

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger





Samstag, 2. März 2013

Wie heißt sie richtig?

          Weil ich gestern noch ein wenig mehr zu Irina wissen wollte, bin ich bestürzt darauf gestoßen, dass selbst das deutschsprachige Internet drei Versionen ihres Familiennamens anbietet: Hakamada, Chakamada, Khakamada. Wie sollte ich mich da für Politkorrektheit entscheiden können? Am besten natürlich in Russisch: Ирина Хакамада. Damit ist der formelle Teil im heutigen Post korrekt.

          Zurück zum Thema "Loyalität" von gestern. Mit ihm ist der Begriff "Verrat" eng verbunden und auch die Besonderheit, dass die meisten Menschen darüber zetern, von loyalen Menschen oder gar von Freunden verraten worden zu sein.
          Wer sollte das denn sonst können? Wen lässt ein jeder denn so weit an sich und seine Gedanken,  Pläne, Vorhaben heran wie Freunde oder Gleichgesinnte? Gegen Feinde sucht man sich zu schützen - durch Geheimdienste, Militär. Wie kann man das gegen Freunde? Wobei in der "großen Politik" die speziellen Dienste ihre Nasen auch in die Dokumente der erklärten Freunde stecken. Für alle Fälle.

          Das Thema ist mit dem gestrigen für mich dadurch verbunden, dass Irina Mutsuovna mit ihrer Verurteilung der Zusammenarbeit mit loyalen Personen folgerichtig erwartet, dass ihre politischen Opponenten illoyale Persönlichkeiten zu gemeinsamer Tätigkeit einladen. Warum nicht gleich Gegner, Feinde?

          Ирина Хакамада bleibt für mich eine engagierte russische Patriotin mit ihren eigenen Ansichten zur gesamten politischen Bewegung. Allerdings würde ich mir wünschen, dass sie auch in der von mir kritisierten Wortwahl eine für sie günstige Korrektur vornimmt.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger





         

Hakamada

          Wer sich in den letzten Jahren auch nur ein wenig mit russischer Politik und Politikern beschäftigt, kommt um den Familiennamen Hakamada nicht herum. Die Frau, um die es hier geht, ist Irina Hakamada, ein Teil deren Vorfahren aus Japan kamen. 
          Diese hoch intelligente, im Rahmen ihres Typs auch hübsche Frau ist mir in den letzten Jahren durch ihre eigene und oft auch eigenartige Meinung bei Foren und in Diskussionen mit Politikern sowie Journalisten nicht selten angenehm aufgefallen.
          Gestern hat mir Irina Mutsuovna während einer Talkshow nicht überzeugend bewiesen, dass sie mit Begriffen zweckmäßig umgeht. 

          Natürlich ist der von ihr gestern überstrapazierte Begriff "Loyalität" als solches nicht anzutasten. Allerdings muss der Kontext dazu passen. Denn "Loyalität" bezeichnet auf gemeinsamen moralischen Grundsätzen beruhende innere Verbundenheit und deren Ausdruck gegenüber Personen, Gruppen und Gemeinschaften. Sie bedeutet, im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles die Werte des Anderen zu teilen und zu vertreten.

          Für mich sind Geheimrat Goethe in Deutschland und Michail Lomonossow im zaristischen Russland wahre loyale Persönlichkeiten. Kritisierten entsprechend den erkannten Werten, änderten nach Kräften und Möglichkeiten. Aber Goethe schrieb auch:


"Immer strebe zum Ganzen. 
Und kannst selber kein Ganzes du werden,
als dienendes Glied
schließ` an ein Ganzes dich an."

Für mich ein Hohelied von Anpassung und Loyalität!

          Wenn Irina Mutsuovna die leider in Russland nicht seltenen Mängel im politischen Umfeld sowie Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch als Folgen der dem herrschenden System entgegen gebrachten Loyalität sieht, ist das für mich im Sinne des Begriffs irreführend. 
          Wenn gegen hohe Ministerialbeamte, ehemalige Minister und Abgeordnete der Duma Untersuchungen geführt und Sanktionen verhängt werden müssen - dann sind das doch Reaktionen auf gröbste Illoyalität! Vorgetäuscht wurde die Übereinstimmung mit Werten, um in gewünschte Positionen zu gelangen - anschließend wurden die materiellen Werte in die eigenen Taschen gewirtschaftet... 
          Leid tun mir jene Entscheidungsträger, welche in Hoffnung auf wahre Loyalität diese und jenen aus ihren Kreisen auf verantwortliche Positionen befördert haben. 

          Diese Erscheinungen gibt es nicht nur in Russland. Die Lauterkeit von Amtsträgern in aller Welt ist doch nicht selten ein gerichtlich zu untersuchendes Faktum. Die beste Antwort darauf - sprachlich und sachlich - gab G. E. Lessing  in einem Jugendgedicht:


          Ein Hurenhaus geriet in Brand.
Da sprangen, um zu helfen und zu retten
ein Dutzend Mönche von den Betten. 
Wo waren die?
Sie waren - bei der Hand.
Ein Hurenhaus geriet in Brand.

          Heinrich Heine formulierte ähnlich:

"Ich kenne die Weise,
ich kenne den Text, 
ich kenne die Herren Verfasser.
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
und predigten öffentlich Wasser."

          Sollte  Irina Mutsuovna von jemandem auf diesen Kommentar aufmerksam gemacht werden, wäre das im Sinne des Besprochenen ein Zeichen von Loyalität. Ihr gegenüber.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger