Montag, 25. Februar 2013

Feiertag

          In Vorbereitung dieses Tages gab es im russischen Fernsehen eine Sendung, in welcher hochgestellte Persönlichkeiten aus der Militärpolitik (Duma-Abgeordnete) und der militärischen Wissenschaft (Chef der höchsten militärischen Bildungseinrichtung) Fragen von prinzipieller Wichtigkeit besprachen. Ausgegangen sind sie von der "Stunde der Regierung" in der russischen Duma, während der ein aufstrebender Politiker - das ist Dr. Dmitrij Rogosin für mich - mit einer halben Stunde Verlängerung die Fragen der Abgeordneten beantwortete. Die Inhalte sind für mich klar: Alles, was über die Bestellung, Entwicklung und Produktion im so genannten Militär-Industrie-Komplex mit der militärischen Sicherheit Russlands verbunden ist.

          Erstmalig hörte ich davon, dass Russland noch nie eine Verteidigungsdoktrin hatte. Erst etwa zeitgleich mit den großen Artikeln Wladimir Putins zu seinem und seiner Partei Wahlprogramm haben sich die militärischen Experten daran gemacht, diese Doktrin auszuarbeiten. Der General in der Fernsehsendung formulierte das in etwa so: "Es gab mit dem Zerfall des Ostblocks und dem Verschwinden vieler Elemente der Konfrontation Stimmen, die gesamte Militärpolitik und das Militär, vor allem die strategischen Komponenten abzuschaffen. Aber wir haben uns wieder konsolidiert und erarbeitet, dass die russische Armee nicht nur Aufgaben der Terroristenbekämpfung zu lösen haben wird."

          Die vielen Meinungen in unterschiedlichen Medien haben für mich unerwartete Ergebnisse. Wenn nicht  durch kluge und auch nachgiebige Bündnispolitik mit sehr einschneidenden Zugeständnissen Lösungen gefunden werden, wird die Verteidigung auch gegen einen personell extrem starken ehemaligen Bündnispartner auf die Tagesordnung kommen...

          Die vielen Komponenten russischer militärischer Macht habe ich in etwa erfasst. Sowohl die Lenker der Staats- und Militärmaschinerie Russlands als auch ihre Untergebenen haben es nicht einfach. Auch die Vorgänge im ehemalig anders geführten Verteidigungsministerium, welche nach den allerneuesten Schätzungen finanzielle Verluste von über 13 Milliarden Rubel (etwa 325 Millionen Euro) verursacht haben, sind weder leicht zu verwinden noch moralisch aufbauend. Es ist aber nicht nur in Russland so, dass Beamte (und beamtete Militärs) sich vom Rüstungskuchen etwas abschneiden...

          Die Persönlichkeiten, welche heute Uniform tragen und ihren Feiertag, den 23. Februar als "Tag der Verteidiger des Vaterlandes" eben erst begangen haben, stehen vor großen Herausforderungen. Ihnen wünsche ich Erfolg und Gesundheit!

Bleiben auch Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger










Montag, 18. Februar 2013

Drei Brücken...

          Gestern nachmittag ging ich seit langem wieder an den Fluss Ros. War vorher eine Woche unterwegs in der Ukraine und davor davon abgekommen, zum Fluss zu gehen. Weil die Holzbrücke eingebrochen war, ein Überschreiten zum Spazieren gehen in freier Natur unmöglich. Nun berichtete mein Stiefsohn, es würde repariert. Als ich an der schon wieder begehbaren Brücke angekommen war, bedauerte mich ein mir bekannter Angler, der dort stand. Ich sei eine halbe Stunde zu spät gekommen. Anlässlich der sichtbaren Fertigstellung am heutigen Sonntag habe der Mäzenat - oder Sponsor - Alexander Poljarush ein Mittagessen für die Zimmerleute und alle "Vorübergehenden gegeben. Er zwinkerte mir zu und ergänzte, dass es da auch etwas Wodka zu Zutrinken gegeben hätte. Ob ich nicht bedauere, das versäumt zu haben - die Gartentische seien eben erst weggeräumt worden. 
          Dass ich diese Art von "Freibier" verpasst habe, sei nicht schlimm. Für mich ist gut, dass der mir unbekannte Alexander Poljarush den Übergang finanziert hat. Denn darum, ob die im Budget der Stadt Belaja Zerkov nicht geplante Reparatur nun jahrelang auf sich warten lassen würde, hatten die Massenmedien schon spekuliert. Der Sponsor hatte formuliert: "Eine Brücke für die Menschen!" und sein Scheckheft gezogen. Eine großzügige Geste. Selbst wenn niemand so recht weiß, woher die Moneten zusammen kamen...

          In einer russischen Kleinstadt gab es ein ähnliches Problem. Etwas ausgeprägter. Weil da nicht nur Spaziergänger und die bescheidenen Anbieter des nahen Basars ohne eigenes Auto über die Brücke mussten wie hier, sondern das Städtchen von seiner Versorgung abgeschnitten war. Die Lagerhäuser der Geschäftsleute im Städtchen Warja (Gebiet Kostroma) liegen auf dem anderen Flussufer, weg von den Läden. Die Umgehungsstraße verlängerte den Weg nur um 1,2 km - war aber im Winter oder bei starken Niederschlägen unbefahrbar. Ein altbekanntes Problem Russlands.
          Da taten sich die Geschäftsleute zusammen. Denn Stadtväter- und -mütter hatten nur leere Kassen und einen Projektvorschlag über 13,5 Millionen Rubel (rund 3,4 Millionen €) auf dem Tisch. Die Geschäftsleute beauftragten einen fähigen Bauleiter, gaben das Geld für die Stahlträger und alles andere - restaurierten die Brücke nach allen Regeln der Brückenbaukunst und zählten die Ausgaben zusammen. Da waren nur eine halbe Million Rubel aufgewendet worden! Die Brücke 27 Mal preiswerter als von "Spezialisten" veranschlagt! Das nenne ich grandios!

          Wahrhaft grandios ist die "Golden Brücke" über das "Goldene Horn" im fernen Wladiwostok. Schauen Sie doch einmal ins Internet. Die gesamt 2100 m lange Hängebrücke ist eine der fünf größten ihrer Art in der Welt und überspannt 737 m Meeresoberfläche. Für mich als Ingenieur eine technische und auch technologische Meisterleistung. 
          Erstmals noch unter Chrustschow in den Entwicklungsplan der Stadt aufgenommen - rund 40 Jahre später vollendet. Bei ihrem Bau wurde nicht nur verdient, sondern grandios geklaut. Darüber hatte Dmitrij Medwedjew noch anlässlich einer Kontrollfahrt vor der Einweihung bitter gescherzt.

          Drei Brücken - zwei Erfahrungen. Dort, wo sich die am Effekt interessierten Personen  damit beschäftigen, bekommt man rasche und sogar überraschende Resultate. Dort, wo Bürokraten sich "reinhängen", gibt es zeitliche Verschleppungen, Korruption und Kostenexplosion. Das bei weitem nicht nur in Russland oder der Ukraine. Sage nur Großflughafen Berlin-Brandenburg...

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger