Samstag, 31. August 2013

Wladiwostock

          Zwei Tage hat der vom amerikanischen Präsidenten Obama gescholtene Hinterbänkler, der russische Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin, die Katastrophenregionen im Amurgebiet und dort anliegende Gebiete besucht. Nicht nur mit dem Hubschrauber überflogen und dann Statements abgegeben. Sondern er war auch bei den betroffenen Bürgern. 
          Hin und wieder war zu sehen, dass ihn die Fragen und Bemerkungen der tapferen Menschen dort betroffen gemacht haben. In zwei Sitzungen mit Verantwortlichen aus dem Zentrum – Ministern für Katastrophenschutz, Gesundheitswesen, Verteidigung, Soziales, anderen Verantwortlichen aus der Regierung – und hohen Beamten aus dem Leitungsapparat der Gebiete hat er sehr deutlich nicht nur die festgelegten Regeln für die geplanten Entschädigungen erläutert. Sondern er hat die Verantwortlichen auch aufgefordert, einmal hohe Gummistiefel anzuziehen und sich in die Überflutungsgebiete zu begeben. 
           Er erwarte rasche Entscheidungen darüber, wo Tausende von Betroffenen den schon fast in 6 Wochen beginnenden Winter überleben sollen. „Unser Land ist reich und groß – wir können die Menschen dort nicht leben lassen, wo sie alles verloren haben. Ziehen sie ihre modischen Schuhe einmal aus und ziehen sie hohe Sumpfstiefel an, dann gehen sie zu jenen, deren Probleme sie zu lösen haben, damit sie diese besser empfinden und verstehen.“ So ungefähr waren die Worte, welche er an die Entscheidungsträger richtete. Dass er die Erfüllung der gestellten Aufgaben streng kontrollieren wird, steht für mich außer Frage. Vor allem, weil die Situation sich dort noch immer nicht entspannt. Schon weit über 20 000 Personen mussten evakuiert werden. Aber noch sind nicht wenige in ihren Häusern verblieben, welche aber zunehmend unterspült werden. 
          Auch was in China über die Menschen hereingebrochen ist, ist schlimm. Aber es kann hier nicht mein Thema sein, weil außer dass dort schon mehr als 2 Millionen Menschen evakuiert werden mussten, es hier keine genaueren Informationen in einer Sprache gibt, die ich verstehe.  

          Bei einem Pressegespräch im Freien nach der Sitzung in Wladiwostok wurde ihm die Frage nach der Situation um Syrien gestellt. Ob er vielleicht eine Botschaft an Präsident Obama richten wolle. 
          Seine Antwort erneut nicht wörtlich, sondern sinngemäß aus dem Gedächtnis: „Der Einsatz von Giftgas durch die syrischen Regierungstruppen widerspricht jeder militärischen und politischen Logik. Wenn du USA erklären, dafür aber Beweise zu haben, dann sollen sie diese der UNO vorlegen. Sich da auf „Geheimnisse“ zu berufen, ist unsinnig.“ Die Entscheidung des britischen Parlaments gegen eine Teilnahme an militärischen Maßnahmen des hauptsächlichen Bündnispartners USA wäre für ihn eine positive, unerwartete Überraschung gewesen. Sie beweise, dass dort noch Menschen im Amt sind, die sich an internationalem Recht und nationalen Interessen orientieren. 
          An Präsident Obama würde er sich nicht wie an einen Amtskollegen wenden wollen, sondern wie an den Träger des Friedensnobelpreises des Jahres 2009. Er würde darauf hinweisen, dass bisher die amerikanische militärische Einmischung in Afghanistan und Irak dort weder Frieden noch Demokratie gebracht habe. Dass nach aller Voraussicht in Syrien keine anderen Ergebnisse erreicht werden würden.

           Wenn ich meinen vorangehenden Post nachlese – Schüler Putin hat seinem Lehrer die Frage gestellt: „Beweise mir, dass das, was du lehrst, brauchbar ist.“ Auf die Antwort bin ich gespannt. 

Bleiben sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger







Sonntag, 25. August 2013

Oberlehrer Obama

          In „DIE WELT“ vom 2. August 2013 fand ich unter „Meinungen“ den Artikel von Alan Posener „Obama gegen Putin – Mr. Cool disst den Lümmel“. Unter dieser Überschrift gleich etwas genauer: „Der US-Präsident beschreibt Putin als "gelangweiltes Schulkind" und gibt zu erkennen: Amerikas Geduld ist zu Ende. Die Beleidigung des russischen Staatsoberhaupts ist beispiellos - und richtig.“ 
          Im Anschluss daran ist zu erfahren, dass „Diss“ in der politischen Heimat von Mister Präsident ein Ausdruck dafür ist, wie ein Gegner lächerlich gemacht werden soll und dadurch gedemütigt. So weit – so schlecht. Den Artikel empfehle ich zum Nachlesen – nicht zur Information, sondern zur Kontrolle. Ob ich etwas falsch zitiert habe. Denn nun setze ich meine Meinung dagegen. 
          Wladimir Wladimirowitsch braucht meine Hilfe nicht – das weiß ich sehr wohl. Und dennoch: wenn vorn gar ein Oberlehrer steht und Dinge von sich gibt, welche für die  Schüler uninteressant sind – dann verhält sich der eine und der andere selbst auf der ersten Bank etwas müde. 
          Vor allem ist für mich schon der Ausgangspunkt interessant. Die Geduld der „Schule Amerika“ mit Schüler Putin ist nach Mister Poseners Meinung zu Ende, weil dem zu Belehrenden Oberlehrer Obamas Lehren nicht gefallen. Da steht die Frage: was soll nach Wikileaks und Edward Snowden von der US-amerikanischen Freiheit und Demokratie denn noch nach Russland hinüber schwappen? Putin erwähnt nicht selten die Arbeit der russischen Geheimdienste, ohne sie jedoch mit der im Lande aufstrebenden Demokratie zu verknüpfen. 
          Was haben er und seine Mitstreiter getan, um den Balkankrieg zu verhindern? Der russische Widerstand gegen eine militärische Lösung im Irak – hat Mister Obama den vergessen? Wo sind die angekündigten Massenvernichtungswaffen, welche dort Grund waren? Ist der Anlass ein anderer gewesen? Wie ähnlich war das Szenarium Libyen – warum war Russland dagegen? Weil der Schüler Putin aufgepasst hatte – das begriff anscheinend Mister Obama nicht. Jetzt geht es um Syrien, die Pläne sind im Pentagon fertig. Erneut stören die Russen, wenn auch nicht nur sie. 
          Während der Schüler Putin die russischen Staatsschulden auf ein Minimum zurückgefahren hat, dabei auch noch sowjetische Verbindlichkeiten alleine bedient, häuft Oberlehrer Obama sagenhafte Schuldenberge auf. Ist das nachahmenswert? 
          Eine Frage an Studienrat Posener: ist es allgemein üblich, die als solche erkannte beispiellose Beleidigung eines beliebigen Menschen, geschweige denn eines Staatsoberhauptes als „richtig“ einzustufen? Wie weit muss Streitkultur noch absinken? Bis zur Streitkeule ist es da nicht mehr weit… 

          Auch das Folgende stammt aus dem Kugelschreiber von Herrn Posener: „Setz dich gerade hin und mach mit: So lautet die Botschaft des US-Präsidenten Richtung Kreml. Und wenn nicht, so zuckt er mit den Achseln, dann eben nicht. So wichtig - auch das ist eine Botschaft an Putin - ist Russland auch nicht.“ 
          Wenn ich meine bescheidene Meinung dagegen halte: kein Pädagoge. Der versucht, die Schüler auf allen Bänken zu fesseln. Mit Themen, die im Stoff bleiben. Außerdem: der Studienrat übersieht, dass da nicht allein Russland ist. Aber die Länder mit dem Verbündeten Russland werden eines Tages beweisen, wer seine Hausaufgaben gemacht hat. 


Bleiben Sie, lieber Leser, recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger





Dienstag, 20. August 2013

Naturgewalten...

          Es ist schlimm, was gegenwärtig im Amurgebiet Russlands geschieht. Die Flüsse dort haben die höchsten Pegel seit den Zeiten erreicht, seit diese aufgezeichnet wurden. Ein Jahrhunderthochwasser schon zu Beginn dieses Jahrhunderts. Mehr als 20.000 Personen wurden bisher in den Überflutungsgebieten schon evakuiert. Die Meteorologen sagen immer noch keine Wetterbesserung voraus. 
           Die Kräfte und Mittel des Ministeriums für Katastrophenschutz und dessen für Verteidigung wurden in größeren Gruppierungen eingesetzt. Es ist sehr eindrucksvoll zu bemerken, wie die beiden Minister miteinander bei der Lösung der vom russischen Präsidenten gestellten Aufgaben harmonieren – haben sie doch lange miteinander gearbeitet. Die Feldlazarette des Verteidigungsministeriums spielen noch eine besondere Rolle. 
          Vladimir Putin hat nicht nur das Gesundheitsministerium angewiesen, die Betreuung der Notleidenden zu sichern, sondern auch durch entsprechende vorbeugende Impfungen die seuchenmedizinische Situation untern Kontrolle zu halten. Also wird die Impfung durch genannte Lazarette mit abgesichert. 
          Außerdem hat der Präsident festgelegt und die Regierung beschlossen, dass eine erste Tranche von Zahlungen an die betroffenen Flutopfer geleistet wird – es wurde von 3 Milliarden Rubeln gesprochen. Alle Flutgeschädigten würden für die verlorenen materiellen Güter, vor allem die Wohngebäude, entschädigt werden – ungeachtet von Besitzverhältnissen. So zumindest waren einzelne Gouverneure zu verstehen. 

          Der andere Bericht – ein historischer. Ein wenig von dem, was ich zumindest als „verfälschenden Journalismus“ empfinde. Auch, wenn die im Film geschilderten Tatsachen außerordentlich traurige sind. International fast nicht bekannt: im November 1952 gab es auf den Kurilen einen Tsunami. Die auf der Insel Paramushir gelegene Stadt Sewerokurilsk wurde völlig vernichtet. Die geschätzt 25-30 m hohe lange Welle, Ergebnis eines etwa 170 km entfernten Erdbeben der Stärke 9, spülte selbst fünfstöckige Häuser ins Meer, vernichtete eine ganze militärische Garnison. Die offiziellen Meldungen sprachen von etwa 2000 Toten – die Filmemacher meinen, dass etwa das Neunfache an Menschen in der Katastrophennacht umkamen. Denn die meisten Nachrichten in den Archiven zu dem Vorgang sind noch heute als „Geheim“ eingestuft. 

          Es war aber nicht das, was mich am Bericht beunruhigte. Sondern der etwas „freie Umgang“ mit Bildmaterial. Die Gefahr einen Krieges war schon gegeben – wenn an der damaligen sowjetischen Ostgrenze die Verbindung zu militärischen Einheiten und gleichzeitig zu zivilen Einrichtungen abbrach,  wurde das fast automatisch als Beginn militärischer Konfrontation gewertet. Allerdings sind die gezeigten sich auf sowjetischer Seite schon öffnenden Atomraketenschächte eindeutig zu diesem Zeitpunkt nicht existent gewesen. Nicht gut, Kollegen Journalisten – schämt euch. 
          Die Tatsache, dass damals keine offiziellen Meldungen in den sowjetischen Massenmedien veröffentlicht wurden, kann ich glauben. Im „Vaterland der Werktätigen“ gab es eine sehr eigenartige Medienpolitik – vor allem noch zu Stalins Lebzeiten. Allerdings haben ältere Leute mir gesagt, dieses Ereignis sei im Lande bekannt gewesen. 
           Es ist schon ein eigen Ding mit dem Vertrauen in die Medien… 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger





Mittwoch, 14. August 2013

Land unter...

Vor kurzem fanden in Kasan – der Hauptstadt Tatarstans – die  Studentischen Sommerspiele 2013 statt. Der Übersicht nach ein voller Erfolg auch für das russische Image in der Welt.
Die gegenwärtige Weltmeisterschaft der Leichtathleten in Moskau zieht natürlich auch viel Aufmerksamkeit auf Russland. Allerdings werden so einige  Vorgänge verdeckt, welche noch nach den Spielen ernste Auswirkungen auf die russische Gesellschaft haben werden.

Sehen Sie sich bitte das Video an.  http://www.youtube.com/watch?v=hD3c3dM-FGo  Es stammt aus dem Fernen Osten Russlands, aus dem Amurgebiet. Dort haben wochenlange Regenfälle mit bis zum Achtfachen der monatlichen Niederschlagsnorm zu Situationen geführt, welche in diesem Frühjahr in Deutschland zu beobachten waren.
Der Schaden, vor allem in der Landwirtschaft, wird auf schon mehr als 4 Milliarden Rubel geschätzt. Das ist etwas mehr, als die einfache Umrechnung in Euro oder Dollar ergibt. Die Summe is vor allem den Menschen begreiflich – darin stecken menschliche Arbeit und materielle Werte. Sie sind hier etwas anders aufgestellt.
Das russische Finanzministerium hat deshalb bereits formuliert, dass die für den Bereich „Einsatz für Folgen von Katastrophen“ im Budget geplanten Mittel aufgebraucht sind. Die Leitung des Landes wird andere Wege suchen und gehen müssen.

Wer wie ich die Meldungen aus den Katastrophengebieten aufmerksam verfolgt, bemerkt zweierlei. Da ist vor allem der aufopfernde Einsatz der sehr zweckmäßig gelenkten Kräfte des Ministeriums für Katastrophenschutz. Unterstützt von vielen Freiwilligen und Soldaten der eingesetzten Truppenteile. Zum anderen die nur selten mit Kritik an Behörden tätige und geduldig erduldende Bevölkerung. Manchmal bricht durch, was vielen Westeuropäern ungewohnt ist – das Lachen unter Tränen. Dass die Wettervoraussagen keine Besserung versprechen, ist für die schon von der Schneeschmelze gebeutelten Regionen zusätzliche Belastung.

Ein zweiter Vorgang läuft im Hintergrund ab – das durch eine Straftat an einem Polizisten endgültig ausgelöste energischere Vorgehen gegen unberechtigte Einwanderer aus Ländern der ehemaligen UdSSR, vor allem aus wirtschaftlich schwachen. Die Razzien der Polizei im gesamten Land und der im Interesse der russischen Staatsbürger (ich schreibe hier bewusst nicht „russischen Menschen“) angelaufene Prozess der rechtlich begründeten Ausweisung von Schwarzarbeitern wird für Ordnung in vielen Bereichen sorgen. Für die Entspannung der Situation am Arbeitsmarkt ebenso wie im Bereich der „Schattenwirtschaft“, wo aber Millionen in „graue Kassen“ flossen, Steuerhinterziehung und Bestechlichkeit blühten – aber auch andere Rechtsverletzungen üblich waren. Vor allem, weil die „Ausländer“ mit Beharrlichkeit versuchten, nach ihren „gesetzlichen“ Vorstellungen zu leben, sich nicht einordnen wollten. Obwohl Russland seit Jahrhunderten unter anderem auch religiöse Toleranz übt – es gibt eben doch Grenzen.

Wenn dumme Jungens ein Mannequin auffällig anziehen und auf die Gleise des Hochgeschwindigkeitszuges „Sabsan“ stellen, ist es recht, wenn ihre Eltern dafür zur Verantwortung gezogen werden. Das Übel jugendlicher Unbekümmertheit ist nicht recht auszurotten…
Auch dann, wenn der Zug dank des ausgeklügelten Sicherheitssystems gebremst werden konnte. Wenn anlässlich des Ehrentages aller Mitarbeiter des Verkehrswesens der russische Chefeisenbahner seinem Präsidenten meldet, das in Kürze die ersten im Lande produzierten Doppelstockzüge auf die Gleise kommen werden, um die Reisequalität zu erhöhen und den Preis je Ticket um etwa 30 % zu senken – dann sind beide letzte Meldungen für mich eine positive Erwähnung wert.

                Wie sagt dazu J. W. v. Goethe: „Wahrheitsliebe zeigt sich darin, dass man überall das Gute zu finden und zu schätzen weiß.“

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger



Donnerstag, 8. August 2013

Intelligenter Bankräuber....

In fünf russischen Regionen des Fernen Ostens herrscht zur Zeit der Ausnahmezustand. Wochenlange Regenfälle haben unter anderem im Amurgebiet dazu geführt, dass Flüsse über die Ufer getreten sind, Dörfer in den Fluten fast versanken und in manchen Innenstädten das Wasser meterhoch fließt. Bilder, wie sie in diesem Jahr schon um Passau und an der Elbe um Magdeburg zu sehen waren. Allerdings haben die russischen Bürger wesentlich ungünstigere Ausgangspositionen. Noch ist unklar, ob auch hier die Regierung ähnlich großzügig eingreifen wird wie bei den Frühlingshochwassern.

Es ist schon fast langweilig, Russlands Präsidenten beim Regieren zuzuschauen. Heute hatte er unter anderem den russischen Generalstaatsanwalt zum Bericht bei sich. Das Szenario wie gewohnt, wenn es diesmal auch um die Rettung der russischen Holzvorkommen geht, die durch verbrecherisch begünstigte Abholzung im Fernen Osten mit von der Zentrale ungenehmigtem Export an das extrem aufnahmebereite China sichtlich schwinden. Die von Herrn Tschaika genannten Zahlen über schon eröffnete Untersuchungen zu Bestechungsverfahren sprechen für sich und die Reaktion Wladimir Wladimirowitschs für den Willen des Präsidenten, dem Riegel vorzuschieben.

Der Bericht im Fernsehen von Start, Flug und erfolgreicher Landung eines russischen Zeppelins war für mich aufschlussreich. Denn die in Brand/NL (Land Brandenburg) stehende umfunktionierte Tropenhalle war ja einst als Hangar für den Anfang neuer deutscher Luftschiffära gedacht. Beim Bau des ehemaligen Flugplatzes der sowjetischen Armee habe ich eben dort einmal in meinen Sommerferien vor etwa rund 60 Jahren für unsere Verhältnisse als Erdarbeiter gutes Geld verdient.
Der russische Reporter bemerkte sehr passend: diese mit Helium gefüllten „Lastesel“ werden vor allem bei der geologischen Erkundung schwer zugänglicher Gebiete des Fernen Ostens und im Hohen Norden Russlands  eine positive Rolle spielen können. Das Luftfahrzeug hat alle technologischen Hürden für eine Zulassung genommen. Was hier auch etwas heißen will. Die in Großformat gezeigte Kabine und der gesamte Bericht haben mich, der eine Kleinigkeit von ziviler und militärischer Luftfahrt versteht, davon überzeugt, dass das begonnene Projekt Zukunft hat.

Das allerdings Bemerkenswerteste in den heutigen Fernsehnachrichten war eine Reportage darüber, wie ein Einwohner der Stadt Woronesh eine dortige Bank mit ihren eigenen Waffen geschlagen hat. Dem Mann war ein Kreditangebot zugegangen, das er sich aufmerksam durchgelesen hat.
Dazu ist anzumerken: vor einigen Tagen war der Chef der russischen Sparkasse bei Putin. Mit ihm war besprochen worden, dass unter anderem gesetzliche Regelungen geschaffen werden müssen, um in Kreditverträgen „kleingeschriebene“ Klauseln auszuschließen, welche versteckte Zahlungsbedingungen für Keditnehmer enthalten. Herrmann Gref berichtete dem Präsidenten, dass die Sparkasse entsprechend seinen – des Präsidenten – Hinweisen ein Programm zur Umschuldung für so betrogene Kreditnehmer aufgelegt hat, welches Anklang bei der Bevölkerung fand und findet. Die Senkung der Kreditkosten dadurch ist sehr beträchtlich.

Der Mann aus Woronesh hatte vorgesorgt. Wenn die Bankangestellten in Kenntnis der versteckten Zusatzzahlungen sich darauf verließen, dass der Kreditnehmer das Kleingeschriebene nicht las, konnte er sich darauf verlassen, dass sie das auch nicht taten. Also scannte er die Seite ein und ersetzte die Bankbedingungen durch seine eigenen. Druckte das Dokument aus und legte es an dessen Platz in den Unterlagen. Beide Seiten unterschrieben.
Ab nun geht der Streit los. Denn im Kleingedruckten hat der Held einen zinslosen Kredit für sich festgeschrieben. Außerdem sind für den Fall, dass die Bank einseitig den Vertrag beendet, Konventionalstrafen in Höhe von gesamt 24 Millionen Rubel (etwa 600.000 €) vorgesehen. Im unterschriebenen Kleingedruckten.

Wie der Rechtsstreit – ab September – ausgeht, kann ich nicht sagen. Aber die regelrecht von Eulenspiegel oder Schwejk abgelauschte Idee erfreut mich ungemein. Es gibt sie doch – die wachsamen Leute mit Fantasie.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger




Mittwoch, 7. August 2013

Klassenjustiz?

Vor rund 20 Jahren nahm ich an, dass das Wort „Klassenjustiz“ wie viele andere aus meinem Wortschatz verschwinden würde. Denn ich war ja damals in ein freies demokratisches Land gekommen worden. Versuchte man mich glauben zu machen. Aus der ach so unfreien Deutschen Demokratischen Republik.
Weil ich in den letzten Jahren zunehmend vor allem aus russischen Massenmedien erfahren habe, was alles an den Berichten über unmenschliche Behandlung von Dissidenten in der Sowjetunion in deutschen Veröffentlichungen der Wahrheit entsprach, bin ich noch etwas dünnhäutiger geworden. Allerdings sind nicht wenige deutsche Berichte – wie auch diese meine Meinung – subjektiv. Der Menschenrechtsgerichtshof in Strasbourg hat keinen politischen Grund für die Verurteilung von Herrn Chodorkowski festgestellt. Das wird – weil nicht ins Meinungsbild passend – als falsche Entscheidung kritisiert. Folglich müssen – was nicht gesagt wird – in den Augen der Strasbourger Richter die russischen Beweise für einen richterlichen Entscheid gegen Chodorkowski stichhaltig gewesen sein. Was das genannte Gericht bemängelte, waren Formfragen - Ch. habe "keinen fairen Prozess" gehabt. War seine Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe gegenüber den anderen Mitgliedern der Gesellschaft, gegenüber seinem Staat fair? Oder etwa das, was ihm als "Auftragsmord" vorgeworfen und in Strasbourg nicht gerügt wurde?

Es gibt im Vaterland Deutschland eine Reihe von Vorgängen, die ich mit meinen zunehmend kritischen Vorstellungen vergleiche und die mir Fragen aufdrängen. Das letzte, was mir zu unserem deutschen Vaterland besonders unangenehm auffiel, kam aus Bayern. Sehen Sie sich die Schande aber bitte selber aufmerksam an: http://www.youtube.com/watch?v=8z99MO8uv2U .

Das Einschließen eines Menschen in eine psychiatrische Anstalt, der bei einem deutschen Gericht  beweiskräftige Unterlagen für größere verbotene Finanzmachinationen beigebracht hatte, ist ein Beispiel dafür, dass Geld auch die deutsche Welt regiert. Denn was das Video berichtet, ist doch deprimierend.
Außerdem gehört diese Praxis mit ihren vielen Ungereimtheiten zu den einst an der UdSSR mit Recht heftig kritisierten. Klassenjustiz eben.   

In Russland laufen gegenwärtig viele Prozesse, die im Lande aufmerksam verfolgt werden und langsam das Vertrauen in die Rechtsprechung wieder aufbauen. Die Untersuchungen in den vielen Bestechungs-Skandalen, aber auch jene gegen Machtmissbrauch und anderes mehr. Dazu gehört das Durchgreifen gegen die aus den ehemaligen Sowjetrepubliken eingereisten Fremdarbeiter, die nicht selten mit Billigung von Amtsinhabern unerlaubt über die gestattete Zeit im Lande bleiben. Findige Unternehmer lassen diese rechtlosen Arbeitskräfte für sich schuften, erwirtschaften riesige Gewinne, weil die in ihren Heimatländern arbeitslosen Personen unter entwürdigenden Bedingungen existieren und notgedrungen für „einen Appel und ein Ei“ arbeiten. Vergleiche mit der Situation in manchen Bereichen in Deutschland haben da wohl Modell gestanden… Auch das geschickte Umgehen von Steuerauflagen hat doch in Russland nach Übergang zur Marktwirtschaft begonnen. Der Ring zum Fall Mollath schließt sich hier für mich…

 Sowohl Präsident als auch Premierminister haben es schwer, ihre Programme durchzusetzen. Denn ich glaube beiden ihre Bestrebungen, aus Russland ein zunehmend demokratischeres Staatswesen zu schaffen. Dazu gehört, wie beide nicht müde werden zu betonen, nicht in erster Linie die Schaffung vieler neuer Gesetze, sondern das Handeln nach den meisten schon bestehenden. Was die Nachbesserung unzureichender Vorschriften nicht ausschließt. Daran wird gearbeitet. Wenn aber sich eine Reihe von Personen aus eigensüchtigen Motiven gegen diese Vorschriften vergehen, dann haben es die führenden Leute schwer.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr


Siegfried Newiger





Samstag, 3. August 2013

Seliger - Putin?

Seit 2005 findet in Russland jedes Jahr ein Sommerlager schöpferischer Jugend statt. Unter der Bezeichnung „Seliger Jahreszahl“ also seit 14. Juli dieses Jahres „Seliger 2013“.
Zu Beginn war es die ersten drei Jahre ein Projekt der Jugendbewegung „Naschi“ (Unsere). Um eigene Kader heranzubilden. Auch wenn Kritiker benörgeln, dass die Idee aus der Administration des Präsidenten Russlands kam. Daher auch heute noch ein Teil der Finanzierung. Aber wenn die Parteien in Deutschland ihre Jugendorganisationen aufbauen und unterstützen – wo ist da etwas Verwerfliches dabei?

Denn „Seliger“ ist eine große Bildungsveranstaltung geblieben – was Kritiker auch sagen mögen. Mit Lektoren aus der Spitze russischer Wissenschaftler und Praktiker. Von dem Ablauf her echt etwas für junge Leute – Zeltlager, Frohsinn, Freundschaften, Veranstaltungen…  Aber auch mit Problemen. Die sind hier und heute nicht mein Thema. Sie gehören zum realen Leben mit dazu.

Zwei Ereignisse haben mich inspiriert, diesen Post zu schreiben. Das erste: der Besuch Putins im inzwischen international gewordenen Zeltlager. Dass er sich ein Wasserflugzeug für seine Anreise in die „Seenplatte des Gebietes Twer“ ausgesucht hatte, zeugt davon, dass er auch genau weiß, was Marketing bedeutet. Danach folgte mehr als zwei Stunden Gespräch mit den Teilnehmern. Erneut konnte ich mich davon überzeugen, dass Wladimir Wladimirowitsch ein gebildeter und prinzipienfester Mensch ist. Ein winziges Beispiel: ein junger Historiker empfahl, die Geschichte Russlands „lebendiger“ zu lehren, damit sie von den Kindern und Jugendlichen besser angenommen wird. Sinngemäß aus der Antwort: „Das ist doch ihr Brot. Schreiben sie einfach das Lehrbuch, das ihren Anforderungen gerecht wird. Ein Beispiel. Peter der Erste heiratete eine Frau aus der Beute seiner Soldaten – Jekaterina I. und machte sie dennoch zur Zarin. Ist das nicht eine Lawstory, welche sowohl seine Stärke als Persönlichkeit zeigt als auch die historischen Bedingungen beleuchtet?“

Weil ich hier viele hoch interessante Gespräche auslassen muss, die mich mehr als zwei Stunden begeisterten, hier noch ein Teil aus der Frage eines jungen Mannes: „Können in die Bildungsprogramme unserer Schulen nicht solche Themen wie „Familie“ aufgenommen werden? Viele junge Menschen gehen aus Unkenntnis der Probleme, die mit der Gründung einer Familie auf sie zukommen, schon nach recht kurzer Zeit wieder auseinander.“

Eine sehr energische, hübsche und kluge junge Frau bat um Unterstützung für ihr Projekt, das ich hier einmal mit „Verbraucherschutz“ abkürzen will. Die wurde ihr mit einer sehr passenden Begründung zugesichert. Eine andere Geschäftsfrau präsentierte eine eigene Erfindung zur Früherkennung von Krebserkrankungen – Putin sagte ihr sachkundige Prüfung zu.

Was war für mich wesentlich?
Nicht nur die überzeugende Fähigkeit des Präsidenten, sich auf jeden Gesprächspartner einstellen zu können, sondern seine überzeugende Bestrebung, nicht nur oberflächlich small-talk zu betreiben. Er stellte in den erforderlichen Antworten immer wieder heraus, dass alle Handlungen innerhalb der russischen Gesellschaft erlaubt sind – wenn sie sich im Rahmen der manchmal auch nicht vollendeten Gesetzlichkeit bewegen. Deshalb riet er auch recht engagierten Persönlichkeiten immer wieder: „Handeln sie bitte und lassen sie auch uns immer sehr abgewägt tätig sein. Denn Eile schadet nicht selten.“

Ein junger Mann formulierte in seiner recht langen Frage: „…Menschen und Mädchen…“. Putin stellte der Moderatorin sofort die Frage: „Haben sie das gehört?“ Der junge Mann entschuldigte sich bei allen Damen. Wladimir Wladimirowitsch fragte die Moderatorin, ob die Entschuldigung angenommen würde. Bekam von ihr eine positive Antwort – die Show ging weiter.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger