Was sucht
denn der Westen im Ostblock-Blog?
Im Ostblock
seligen Angedenkens haben wir von der Sowjetunion siegen lernen dürfen. Die
Vorbildrolle hat jetzt Supermann Westen mit allen seinen Eigenarten übernommen.
Eine davon ist
es, die Geschichte ein wenig „aufzuarbeiten“. Wobei ich immer an den Spruch von
Samuel Butler denken muss: „Der Unterschied zwischen Gott und
den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht
mehr ändern kann.“
Die Vorbilder für viel Vernünftiges
bekommen wir also aus der „anderen Himmelsrichtung“. Da es in der Natur kein
Sonnenlicht ohne Schatten gibt – für die Meinung bekam ich, ohne Dissident zu
sein, auch ehemals meine Prügel – wird einiges nur nicht so dicht an den
betroffenen Verbraucher herangetragen. Etwas nicht aussprechen (nicht berichten
…) ist nur moralisch – es wird auf diese Weise niemand sagen können, dass das
Medium gelogen hat. Der Bürger kann sich doch bei anderen informieren …
Das ist angeblich Freiheit …
Da haben wir nun erneut einige Vorbilder.
Für die gesamte Welt. Betrug am Kunden zum doppelten Schaden dessen –
finanziell und auch mit Nebenwirkungen – und ein Beweis für die Moral in der „guten“
Gesellschaft.
Das britische Unternehmen GlaxoSmithKline
(GSK) muss 3 Milliarden Dollar (etwa 2,4 Milliarden Euro) als Strafe zahlen.
Ein Grund des Urteils: irreführenden Vermarktung von Medikamenten. Wie die Antidepressiva
Paxil und Wellbutrin, aber auch das
Diabetesmittel Avandia. Die moralisch beruhigende Nachricht: das Unternehmen hat
sich schuldig bekannt. Moralisch auch im Sinne der Aktionäre: die Pharmafirma
hatte bereits im vergangenen Jahr entsprechende Rückstellungen gebildet.
Was unmoralisch noch dran hängt, ist
etwas untergegangen: Betrug des staatlichen Gesundheitssystems Medicaid
(überhöhte Preise), Bestechung von „gutwilligen“ Ärzten mit sehr unterschiedlichen
Mitteln wie Reisen, teuere Geschenke … und anderes.
Das Glaxo die Mängel abgestellt hat –
abwarten …
Denn die Sache hat doch System. In 2009
musste Pfizer 2,3 Milliarden Dollar bei identischen Vorwürfen zahlen, die Firma Eli Lilly
in ähnlichem Fall 1,4 Milliarden US-Dollar.
Selbst unser bekanntester Pamperser Johnson & Johnson
(J&J) ist im US-Bundesstaat Arkansas zu einer Buße von 1,1 Milliarden
Dollar verurteilt worden. Das Medikament Risperdal zur Behandlung von
Schizophrenie wurde auf betrügerische Weise vermarktet, tausende Ärzte getäuscht,
weil das Medikament als besser und sicherer als Konkurrenzprodukte angepriesen
wurde – so das noch nicht rechtskräftige Urteil.
Aber auch
namhafte deutsche Konzerne sind schon für Bestechung nicht nur in den USA
verurteilt worden – die Tatsachen sind bei den meisten Leuten inzwischen wieder
vergessen worden. (Quelle: „Welt online“ vom 24.03.2010). Da figurieren
Daimler, Siemens, MAN, Thyssen, die Bundesbahn – es wird langweilig … In Russland soll Daimler für seine Fahrzeuge
überhöhte Preise vom Staat verlangt und das zuviel gezahlte Geld an die
Auftraggeber zurücküberwiesen haben…
Der „saubermachende“ Teil:
es gibt in den Großkonzernen
inzwischen Antikorruptionseinheiten.
"Natürlich sind nach dem Fall
Siemens alle sensibler geworden", sagt Birgit Galley, eine der führenden
Korruptionsexpertinnen in Deutschland. "Dennoch sehen wir bei den Fällen
oft nur die Spitze des Eisbergs." Das Dunkelfeld bei Korruption sei
weiterhin sehr groß.
Wenn Wladimir Wladimirowitsch Putin heute
von den Schwierigkeiten bei der Bekämpfung der Korruption in Russland spricht,
hat er nicht nur aktuelle Probleme mit den eigenen Leuten, die nun schon seit
20 Jahren das „Wirtschaften“ mit solchen und ähnlichen westlichen Vorbildern
lernen. Sondern auch mit historischen Belegen.
Da gibt es aus dem 18. Jahrhundert zum
Beispiel von Michail Tschulkow „Der kostbare Hecht“ (Altrussiche Dichtung aus
dem 11.-18. Jahrhundert, Reclam, 1977). Darin verkauft ein Fischer einen
riesigen Hecht zu unterschiedlichsten Preisen im Auftrag des Wojewoden, der
jegliche andere Geschenke ablehnte. Angeblich mochte er Hecht. Der lebende Hecht
kam nie in die Küche, sondern zurück in den Fischkasten zum Fischer.
Oder, wer das gelesen oder gesehen hat – von
Nikolai Gogol „Der Revisor“ – das Hohelied
der der Bestechlichkeit und Korruption im Russland seiner Zeit.
Tschulkow schreibt: „Sie getrauten sich
nicht, offen Schmiergelder anzunehmen, sondern ließen sie durch geheime Kanäle
fließen, die sie so geschickt verschleierten, dass bisweilen sie sogar äußerst
scharfsichtige Leute sie nicht wahrnehmen oder irgendwie dahinter kommen
konnten. Die Aufzählung selbiger
listiger Kniffe – …… würde fünf Teile des „Spötters“ ausmachen ….. uns fehlt ja
hier nur das zwanzigste Kapitel. Demzufolge ….. wollen uns jetzt auf nur einen dieser
Tricks beschränken…….“.
Dieses Schema ist überall gleich – ob in
Osten oder Westen.
Für Putin und andere, allerdings Korruptionsexperten
ein schweres Brot. Zum Beispiel: die Untersuchungen gegen Glaxo begannen vor 8 Jahren …
Die „Welt online“ vom 16.03.2012 schreibt
unter „Verlotterung der Sitten“, dass die Korruption Deutschland jährlich bis
zu 250 Milliarden Euro kostet. Zitat: „Die Antikorruptionsorganisation
Transparency International veröffentlicht jedes Jahr einen
Korruptionswahrnehmungsindex. In diesem Jahr liegt Deutschland auf Rang 14 von
182 …“ Russland kommt auf Rang 143 ein...
Beachtenswert auch die „taz.de“ vom 07.11.2011 – „Eine schmierige Geschichte“
Worum
geht es mir hier?
Um eindeutige Stellungnahme – für Putin
und Medwedjew.
Das sind mitnichten Don Quichote und
Sancho Pansa. Auch wenn die russischen Windmühlen extrem lange Flügel haben.
Beide kennen die Probleme, beide bekennen sich zu denen und beide stehen dafür
ein, dass ein effektiveres Spektrum an Maßnahmen eingesetzt wird. Der Rücktritt
einiger Gouverneure noch vor erneuter Amtseinführung Putins hat doch mit seinen
programmatischen Aufsätzen vor der Wahl zu tun. Darin ist unter anderem auch
von der erhöhten individuellen Verantwortung von Amtsträgern die Rede …
Beide haben eindeutig erkannt, dass
(Zitat „Welt online“): „Der finanzielle Schaden, den Korruption in einer
Volkswirtschaft anrichtet, besteht laut Wirtschaftswissenschaftlern
hauptsächlich darin, dass durch Bestechung bei der Vergabe von Aufträgen nicht
immer derjenige Anbieter zum Zuge kommt, der das beste und günstigste Angebot macht,
was zu geringeren Ausgaben für diese Investitionsprojekte führt. Dadurch wird
das Wirtschaftswachstum gehemmt.“ Dem wirken sie entgegen – auch wenn
die freiwillige deutsche Unterstützung der „armen russischen Beamten“ mit
unterschiedlichster „Hilfe“ ein wenig kontraproduktiv ist …
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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