Freitag, 6. Juli 2012

Gibst du mir ...


               Was sucht denn der Westen im Ostblock-Blog?

               Im Ostblock seligen Angedenkens haben wir von der Sowjetunion siegen lernen dürfen. Die Vorbildrolle hat jetzt Supermann Westen mit allen seinen Eigenarten übernommen.

Eine davon ist es, die Geschichte ein wenig „aufzuarbeiten“. Wobei ich immer an den Spruch von Samuel Butler denken muss: „Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann.“                                                    


Die Vorbilder für viel Vernünftiges bekommen wir also aus der „anderen Himmelsrichtung“. Da es in der Natur kein Sonnenlicht ohne Schatten gibt – für die Meinung bekam ich, ohne Dissident zu sein, auch ehemals meine Prügel – wird einiges nur nicht so dicht an den betroffenen Verbraucher herangetragen. Etwas nicht aussprechen (nicht berichten …) ist nur moralisch – es wird auf diese Weise niemand sagen können, dass das Medium gelogen hat. Der Bürger kann sich doch bei anderen informieren … 
Das ist angeblich Freiheit …

Da haben wir nun erneut einige Vorbilder. Für die gesamte Welt. Betrug am Kunden zum doppelten Schaden dessen – finanziell und auch mit Nebenwirkungen – und ein Beweis für die Moral in der „guten“ Gesellschaft.

Das britische Unternehmen GlaxoSmithKline (GSK) muss 3 Milliarden Dollar (etwa 2,4 Milliarden Euro) als Strafe zahlen. Ein Grund des Urteils: irreführenden Vermarktung von Medikamenten. Wie die Antidepressiva Paxil und Wellbutrin,  aber auch das Diabetesmittel Avandia. Die moralisch beruhigende Nachricht: das Unternehmen hat sich schuldig bekannt. Moralisch auch im Sinne der Aktionäre: die Pharmafirma hatte bereits im vergangenen Jahr entsprechende Rückstellungen gebildet.

Was unmoralisch noch dran hängt, ist etwas untergegangen: Betrug des staatlichen Gesundheitssystems Medicaid (überhöhte Preise), Bestechung von „gutwilligen“ Ärzten mit sehr unterschiedlichen Mitteln wie Reisen, teuere Geschenke … und anderes.
Das Glaxo die Mängel abgestellt hat – abwarten …

Denn die Sache hat doch System. In 2009 musste Pfizer 2,3 Milliarden Dollar bei identischen Vorwürfen zahlen, die Firma Eli Lilly in ähnlichem Fall 1,4 Milliarden US-Dollar.

Selbst unser bekanntester Pamperser Johnson & Johnson (J&J) ist im US-Bundesstaat Arkansas zu einer Buße von 1,1 Milliarden Dollar verurteilt worden.  Das Medikament Risperdal zur Behandlung von Schizophrenie wurde auf betrügerische Weise vermarktet, tausende Ärzte getäuscht, weil das Medikament als besser und sicherer als Konkurrenzprodukte angepriesen wurde – so das noch nicht rechtskräftige Urteil.

               Aber auch namhafte deutsche Konzerne sind schon für Bestechung nicht nur in den USA verurteilt worden – die Tatsachen sind bei den meisten Leuten inzwischen wieder vergessen worden. (Quelle: „Welt online“ vom 24.03.2010). Da figurieren Daimler, Siemens, MAN, Thyssen, die Bundesbahn – es wird langweilig … In Russland soll Daimler für seine Fahrzeuge überhöhte Preise vom Staat verlangt und das zuviel gezahlte Geld an die Auftraggeber zurücküberwiesen haben…

Der „saubermachende“ Teil: 

es gibt in den Großkonzernen inzwischen Antikorruptionseinheiten.

"Natürlich sind nach dem Fall Siemens alle sensibler geworden", sagt Birgit Galley, eine der führenden Korruptionsexpertinnen in Deutschland. "Dennoch sehen wir bei den Fällen oft nur die Spitze des Eisbergs." Das Dunkelfeld bei Korruption sei weiterhin sehr groß.

Wenn Wladimir Wladimirowitsch Putin heute von den Schwierigkeiten bei der Bekämpfung der Korruption in Russland spricht, hat er nicht nur aktuelle Probleme mit den eigenen Leuten, die nun schon seit 20 Jahren das „Wirtschaften“ mit solchen und ähnlichen westlichen Vorbildern lernen. Sondern auch mit historischen Belegen.

Da gibt es aus dem 18. Jahrhundert zum Beispiel von Michail Tschulkow „Der kostbare Hecht“ (Altrussiche Dichtung aus dem 11.-18. Jahrhundert, Reclam, 1977). Darin verkauft ein Fischer einen riesigen Hecht zu unterschiedlichsten Preisen im Auftrag des Wojewoden, der jegliche andere Geschenke ablehnte. Angeblich mochte er Hecht. Der lebende Hecht kam nie in die Küche, sondern zurück in den Fischkasten zum Fischer.

Oder, wer das gelesen oder gesehen hat – von Nikolai Gogol „Der Revisor“ –  das Hohelied der der Bestechlichkeit und Korruption im Russland seiner Zeit.

Tschulkow schreibt: „Sie getrauten sich nicht, offen Schmiergelder anzunehmen, sondern ließen sie durch geheime Kanäle fließen, die sie so geschickt verschleierten, dass bisweilen sie sogar äußerst scharfsichtige Leute sie nicht wahrnehmen oder irgendwie dahinter kommen konnten.  Die Aufzählung selbiger listiger Kniffe – …… würde fünf Teile des „Spötters“ ausmachen ….. uns fehlt ja hier nur das zwanzigste Kapitel. Demzufolge ….. wollen uns jetzt auf nur einen dieser Tricks beschränken…….“.

Dieses Schema ist überall gleich – ob in Osten oder Westen.

Für Putin und andere, allerdings Korruptionsexperten ein schweres Brot. Zum Beispiel: die Untersuchungen gegen Glaxo begannen vor 8 Jahren …
Die „Welt online“ vom 16.03.2012 schreibt unter „Verlotterung der Sitten“, dass die Korruption Deutschland jährlich bis zu 250 Milliarden Euro kostet. Zitat: „Die Antikorruptionsorganisation Transparency International veröffentlicht jedes Jahr einen Korruptionswahrnehmungsindex. In diesem Jahr liegt Deutschland auf Rang 14 von 182 …“ Russland kommt auf Rang 143 ein...

Beachtenswert auch die „taz.de“ vom 07.11.2011 – „Eine schmierige Geschichte“


 Worum geht es mir hier?
Um eindeutige Stellungnahme – für Putin und Medwedjew.
Das sind mitnichten Don Quichote und Sancho Pansa. Auch wenn die russischen Windmühlen extrem lange Flügel haben. Beide kennen die Probleme, beide bekennen sich zu denen und beide stehen dafür ein, dass ein effektiveres Spektrum an Maßnahmen eingesetzt wird. Der Rücktritt einiger Gouverneure noch vor erneuter Amtseinführung Putins hat doch mit seinen programmatischen Aufsätzen vor der Wahl zu tun. Darin ist unter anderem auch von der erhöhten individuellen Verantwortung von Amtsträgern die Rede …
Beide haben eindeutig erkannt, dass (Zitat „Welt online“): „Der finanzielle Schaden, den Korruption in einer Volkswirtschaft anrichtet, besteht laut Wirtschaftswissenschaftlern hauptsächlich darin, dass durch Bestechung bei der Vergabe von Aufträgen nicht immer derjenige Anbieter zum Zuge kommt, der das beste und günstigste Angebot macht, was zu geringeren Ausgaben für diese Investitionsprojekte führt. Dadurch wird das Wirtschaftswachstum gehemmt.“ Dem wirken sie entgegen – auch wenn die freiwillige deutsche Unterstützung der „armen russischen Beamten“ mit unterschiedlichster „Hilfe“ ein wenig kontraproduktiv ist …

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger


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