Von
Matthias Claudius stammt ein Gedicht, das etwa so weitergeht: „Es ist Krieg! Oh
Gottes Engel wende…denn ich begehr nicht schuld daran zu sein.“
Ein Bekannter
stellte mir heute eine eigenartige Frage. Ob ich die Symbolik des ukrainischen Asow-Bataillons der Nationalgarde als profaschistisch ansehe.
Die dort verwendete sogenannte „Wolfsangel“ ist ein
Symbol, das mit einiger Fantasie als eine Variante des Hakenkreuzes angesehen
werden kann. Das ist falsch.
Denn das war ein etwa ab dem Mittelalter verwendetes schmiedeeisernes
Fanggerät, an dessen Widerhaken Fleisch (vor allem Innereien) aufgespießt
wurde. Soweit hochgehängt in einen Baum, dass ein hungriger Wolf danach
springen musste, fing sie ihn im Maul und er verreckte elendiglich.
Mein Bekannter
fragte danach, um von diesem Eindruck sein Verhältnis zur ukrainischen
Nationalgarde mit abhängig zu machen. Ich konnte ihn darauf hinweisen, dass
nicht wenige deutsche Orte dieses Symbol im eigenen Wappen führen.
Danach argumentierte
ich ein wenig anders. Weil ich vergaß, wer das sagte oder schrieb, es aber ein „alter
Grieche“ vor mehr als 1500 Jahren war, zitiere ich hier frei: “Im Krieg sterben
als erstes Gewissen und Recht.“ Unsere Unterhaltung wurde etwas prinzipieller.
Da
wies ich ihn darauf hin, dass der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky in den
zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für seinen Satz: „Soldaten sind
Mörder!“ vor ein deutsches Gericht gestellt wurde. Noch 1982 wurde gegen deutsche Friedensfreunde
verhandelt, welche diesen Satz leicht abgeschwächt zitierten: „Jeder Soldat ist
ein potentieller Mörder – auch Sie, Herr W. In der Bundeswehr gibt es einen
Drill zum Morden.“
Inzwischen hat sogar das Bundesverfassungsgericht endgültig
festgestellt, dass diese allgemeine Formulierung keine persönliche Rechte und
Interessen verletzt. Was folgt daraus?
Von beiden Seiten wird geschossen. Die bittere
Wahrheit jedes Krieges heißt: „Schnell schießen und gut treffen.“ Dass damit
ein anderer Mensch sein Leben verliert, wird moralisch verbrämt. Schutz der
ethnischen Russen hier, Verteidigung des Vaterlandes dort…
Nur sinkt die
Hemmschwelle der aktiven Kriegsteilnehmer vor dem aktiven Töten ständig. Damit geht das Gewissen
seinen abschüssigen Weg.
Auf beiden
Seiten!
Noch etwas will ich anmerken. Der Franzose Abälard formulierte
ebenfalls lange vor uns: „Die Untat liegt nicht in der Handlung, sondern in der
Absicht.“ Dort, wo Söldner oder Abenteurer sich für Geld in einen Krieg
begeben, sind ihrer Absichten verwerflich. Wo unter dem Aspekt der Verteidigung
Freiwillige sich finden, sind ihre Beweggründe für mich ehrenhafter. Es stört
mich dabei keine Diskussion um „ähnliche Abzeichen“.
Allerdings haben die
moralischen Folgen bei amerikanischen Boys, ebenfalls bei russischen Fallschirmjägern und
deutschen Afghanistan-Veteranen auch gezeigt, welche psychologischen Schädigungen
auftreten. Einschließlich der oben erwähnten, verringerten Hemmschwelle. Das ist
das Schlimme – nach den auf beiden Seiten im Krieg vernichteten Leben.
Bleiben
Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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