Samstag, 2. August 2014

Abzeichen oder Absichten?


Von Matthias Claudius stammt ein Gedicht, das etwa so weitergeht: „Es ist Krieg! Oh Gottes Engel wende…denn ich begehr nicht schuld daran zu sein.“

Ein Bekannter stellte mir heute eine eigenartige Frage. Ob ich die Symbolik des ukrainischen Asow-Bataillons der Nationalgarde als profaschistisch ansehe. 
Die dort verwendete sogenannte „Wolfsangel“ ist ein Symbol, das mit einiger Fantasie als eine Variante des Hakenkreuzes angesehen werden kann. Das ist falsch.

Denn das war ein etwa ab dem Mittelalter verwendetes schmiedeeisernes Fanggerät, an dessen Widerhaken Fleisch (vor allem Innereien) aufgespießt wurde. Soweit hochgehängt in einen Baum, dass ein hungriger Wolf danach springen musste, fing sie ihn im Maul und er verreckte elendiglich.
Mein Bekannter fragte danach, um von diesem Eindruck sein Verhältnis zur ukrainischen Nationalgarde mit abhängig zu machen. Ich konnte ihn darauf hinweisen, dass nicht wenige deutsche Orte dieses Symbol im eigenen Wappen führen.

Danach argumentierte ich ein wenig anders. Weil ich vergaß, wer das sagte oder schrieb, es aber ein „alter Grieche“ vor mehr als 1500 Jahren war, zitiere ich hier frei: “Im Krieg sterben als erstes Gewissen und Recht.“ Unsere Unterhaltung wurde etwas prinzipieller.
Da wies ich ihn darauf hin, dass der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für seinen Satz: „Soldaten sind Mörder!“ vor ein deutsches Gericht gestellt wurde.  Noch 1982 wurde gegen deutsche Friedensfreunde verhandelt, welche diesen Satz leicht abgeschwächt zitierten: „Jeder Soldat ist ein potentieller Mörder – auch Sie, Herr W. In der Bundeswehr gibt es einen Drill zum Morden.“
Inzwischen hat sogar das Bundesverfassungsgericht endgültig festgestellt, dass diese allgemeine Formulierung keine persönliche Rechte und Interessen verletzt. Was folgt daraus?

Von beiden Seiten wird geschossen. Die bittere Wahrheit jedes Krieges heißt: „Schnell schießen und gut treffen.“ Dass damit ein anderer Mensch sein Leben verliert, wird moralisch verbrämt. Schutz der ethnischen Russen hier, Verteidigung des Vaterlandes dort…
Nur sinkt die Hemmschwelle der aktiven Kriegsteilnehmer vor dem aktiven Töten ständig. Damit geht das Gewissen seinen abschüssigen Weg.

Auf beiden Seiten!

Noch etwas will ich anmerken. Der Franzose Abälard formulierte ebenfalls lange vor uns: „Die Untat liegt nicht in der Handlung, sondern in der Absicht.“ Dort, wo Söldner oder Abenteurer sich für Geld in einen Krieg begeben, sind ihrer Absichten verwerflich. Wo unter dem Aspekt der Verteidigung Freiwillige sich finden, sind ihre Beweggründe für mich ehrenhafter. Es stört mich dabei keine Diskussion um „ähnliche Abzeichen“.

Allerdings haben die moralischen Folgen bei amerikanischen Boys, ebenfalls bei russischen Fallschirmjägern und deutschen Afghanistan-Veteranen auch gezeigt, welche psychologischen Schädigungen auftreten. Einschließlich der oben erwähnten, verringerten Hemmschwelle. Das ist das Schlimme – nach den auf beiden Seiten im Krieg vernichteten Leben. 

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger





  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen