Samstag, 16. Juli 2016

Nadija mit Charakter



Nadija Sawtschenko macht es dem Betrachter und den Ukrainern nicht leicht. Diese hochintelligente Frau hat in ihrem Armeedienst bewiesen, dass sie sich durchzusetzen versteht. Sie ist die einzige ukrainische Militärpilotin. 
Wenn Sie einmal Lust haben, googeln Sie bitte nach SU-24. Das ist ein Frontbomber mit mehr als 34 Tonnen Startmasse, der in seiner Gipfelhöhe bei 17.000 m die doppelte Schallgeschwindigkeit erreichen kann. Schauen Sie sich die technischen Daten zur Ausrüstung an und dann erfassen Sie als Minimum was es bedeutet, dieses Waffengerät zu fliegen. 
Der Kampfhubschrauber Mi-24, den Nadija auch geflogen hat, ist ebenfalls nur von gut ausgebildeten Spezialisten zu beherrschen. 
Beide Bemerkungen stammen von jemandem, der 32 Lebensjahre mit der militärischen Luftfahrt befasst war. 

In Interviews ist die junge Frau scharfzüngig und auch zurückhaltend.  Sie hat offensichtlich erfasst, dass sie von der Partei „Batkiwschtschyna“ der sehr wohl berechnenden Julia Timoschenko als Vorzeige-Persönlichkeit 2014 in die Werchowna Rada gewählt wurde. Persönlich hat sie sich diese Partei nicht ausgesucht, ihre Wahl aber als ein denkbares Mittel ihrer Befreiung aus russischer Haft akzeptiert. Inzwischen scheint sie ihre Lektionen zu lernen – wie sie bei ihrem ersten Interview auf ukrainischem Boden versprach

Denn bei der Vorstellung einer Kandidatin dieser Partei in einer ukrainischen Stadt, welche Nadija begleitete, hielt sie sich so zurück, dass die potentiellen Wähler von dem „Lockvogel“ enttäuscht waren. 
Laut erklärte Meinung: „Die Frau …sowieso… kennen wir, die haben wir doch schon einmal gewählt. Was hat sie für uns gemacht? Nichts.“ 
Mit solcher persönlichen Zurückhaltung kann jemand seine Einstellung dazu, dass dieses Parlament aufgelöst werden sollte, auch dezent elegant demonstrieren. 

Ich habe kein Recht, ukrainische Politik einzuschätzen. Wenn jedoch im Parlament dessen Arbeit statt mit durchdachten, diskutablen Vorschlägen befördert, sondern durch die Blockade der Arbeitsplattform aktiv behindert wird, scheinen die betreffenden Abgeordneten eigenartige Formen der Demokratie zu praktizieren. Auch die nicht seltenen Handgemenge haben für mich mit Parlamentarismus wenig zu tun. 
In einem Interview vor kurzem hat Nadija Sawtschenko bezüglich des ukrainischen Verteidigungsministeriums sinngemäß formuliert, dass dieses komplett aufgelöst werden müsse, um neuen Leuten Platz zu machen. „Ein befähigter Hauptmann ist wohl in der Lage, eine Brigade zu führen.“ 
Diese zielstrebige Frau Offizier könnte sinngerecht zu den Anhängern von Vadim Rabinovich wechseln, der die Meinung vertritt, dass die geplanten Tarife für Dienstleistungen im Wohnbereich (Mieten, Gas, Elektroenergie, Wasser, Heizung) für das ukrainische Volk finanzieller Totschlag sind. 
Noch ist nicht ganz deutlich – aus sprachlichen Gründen für mich – ob er nur eine Interessenvertretung oder eine Partei gründen will… 
Der außerdem meint, das die diskutierten Verkäufe von noch staatseigenen Aktiva wie Hafenbetriebe und ähnlich gegenwärtig bei deren Tiefpreisen ökonomisch sinnlos sei. Womit er recht hat – das Tafelsilber ist nur einmal zu veräußern. Da sollte dann auch ein solider Gewinn bei herauskommen. 

Wenn ich an dieser Stelle erneut auf die Sprachprobleme zurückkomme, hat das Grund. Wer zum Beispiel in militärischer Terminologie nicht sicher ist, kann durch Dritte als Übersetzer leicht unwahr werden. Habe das in der eigenen Familie durch. Bis ich erreichen konnte, dass mir die ukrainische Meldung über den Einsatz „krupnokalibernowo“ (schwerer) Waffen richtig übersetzt wurde, hat das gedauert… 
Wenn von „schweren Maschinengewehren“ die Rede ist und sich im Satz noch Granatwerfer und Kanonen befinden, ist das auseinander zu halten. 
Schwere MG des Kalibers 12,7 mm sind laut Minsker Vereinbarung nicht verboten. Schwere Granatwerfer schon. Maschinenwaffen mit Kalibern über 20 mm werden gewöhnlich als Maschinenkanonen bezeichnet. 
Der gutmeinende Ausländer kann, der Sprache ungenügend mächtig, über Facebook und Twitter so ungewollt zum Verkünder von Halbwahrheiten werden. 
Dieses Beispiel könnte ich auf andere Bereiche erweitern. Eine Bitte: seien Sie gewissenhaft. Das ist, wie das Wort sagt, ein Appell an Ihr Gewissen. 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen