In „Wilhelm Tell“
formuliert der deutsche Dichter Friedrich Schiller passend: „Ans Vaterland, ans
teure, schließ dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen. Hier sind die
starken Wurzeln deiner Kraft.“
Wenn ich in diesem Ostblock-Blog auf Vaterland
Deutschland zurückkommen muss, dann hat das Gründe. Einer davon ist Ärger. Über
den nicht aufzuhaltenden Verfall von Worten und Werten. Die für mich einmal
miteinander verbunden waren.
Da ist als erstes „Freiheit“ und alles, was mit
ihr ableitend verbunden ist. Nur wenigen ist es vergönnt, sich mit den Worten des
Philosophen Arthur Schopenhauer anzufreunden: „Ganz er selbst sein darf jeder
nur, solange er allein ist. Wer also nicht die Einsamkeit liebt, der liebt auch
nicht die Freiheit; denn nur wenn man allein ist, ist man frei.“
Weil aber die – meist sehr unpersönlich, also
ohne ein erforderliches Eigenschafts- oder Zweitwort vor allem von Politikern
zitierte – FREIHEIT als vorrangiger zivilisatorischer Grundwert dargestellt
wird, der eben von Schopenhauer schon im
19. Jahrhundert so deutlich entzaubert wurde, sind seine weiter oben zitierten
Worte den meisten Personen unbekannt.
Wenn in den meisten sich demokratisch
gebärdenden Staaten die Freiheit so entartet, dass privater Terror (so nenne
ich unorganisierte Einzeltäter – siehe Dallas, USA), Todesaktionen wie in Nizza
oder Versuche staatlichen Umsturzes mit zwischen 150 und 250 Toten wie in der
Türkei geschehen, sind ähnlich geartete Handlungen in der Ukraine Folge „eifrigen
Lernens“.
Wobei ich mich über Leute nicht nur einfach ärgere, welche die
türkische Aktion bejubeln. Hunderte von Toten können für mich, der das Ende des
Zweiten Weltkrieges miterlebte, kein Grund für positive Gefühle sein.
Als nächstes
ärgere ich mich über alle mit dem Wort „Unabhängigkeit“ verbundenen
Schönfärbereien. Selbst in einer sehr liebevollen Partnerschaft zu zweit ist
man weder frei noch unabhängig. Wer das Glück einer solchen genießen kann, wird
immer die Wünsche und Vorstellungen der/des Anderen berücksichtigen.
Wenn ich
sehe, wie abhängig die angeblich unabhängige Ukraine von den Krediten des Internationalen
Währungsfonds gemacht wurde, könnte ich ausrasten.
Da verstehe ich die Ausgaben
für eine Militärparade (Vorbereitung sichtbar auf dem ehemaligen Flugplatz in
Bila Tserkva, wo wir wohnen) zum Unabhängigkeitstag nicht. Wo doch die an der „Ostfront“
um Lugansk und Donezk kämpfende Truppe dringend anderes braucht…
Womit wir bei den
Oberbefehlshabern wären. Hier Präsident Poroshenko, in den USA Barack Obama, im
Kriegsfall laut deutschem Grundgesetz 115a die Landesmutter Angela Merkel und
in Russland Wladimir Putin.
Nun wird von allen Massenmedien den drei ersten zugestanden,
dass sie nah ihren parteilichen und häufig vor allem persönlichen Vorstellungen
von den “Interessen ihrer Länder“ zu handeln berechtigt sind. Ohne mit dem
Vierten einverstanden zu sein bei der Wahl seiner Mittel, hat er jedoch
entsprechendes Handlungsrecht – oder?
Seine Verunglimpfung in vielen
Massenmedien erscheint mir einfach zwischen kurzsichtig bis dumm. Ein langjähriger
Berater russischer Präsidenten, Andrei Illarionow, heute an einem amerikanischen
Institut forschend und lehrend, hat hier im Interview mit Dmitri Gordon auf
eine diesbezügliche Frage geantwortet, dass Wladimir Putin sehr intelligent und
sendungsbewusst ist. Der bekannte US-amerikanische Politiker Henry Kissinger
hat seinerseits Putin einmal gesagt, dass er keine Berührungsängste habe – man wäre
doch „aus einem Stall“. Also aus dem Bereich „Spezialdienste“.
Die meisten
Geheimdienstleute sind doch wenn nicht immer klug, so doch intelligent. Wo wir
zum Schluss wieder beim Ärgerthema wären. Oberbefehlshaber senden ihre Soldaten
zum Töten und zum getötet werden heute nach Afghanistan, Syrien oder in die
Ostukraine. Jeder von ihnen erfährt noch vor oder gleich nach der demokratischen
Machtübernahme, in welchem Generalsrang die Geheimdienstchefs stehen und worüber
sie berichten sollen. Wenn Angela Merkel zur amerikanischen Abhöraffäre einen
eher lahmen Kommentar abgab, dann war sie bereits lange zuvor davon unterrichtet,
dass die eigenen Ohren und Augen fast bis in die Ehebetten der politischen
Partner und Freunde reichten. Was soeben – siehe einer an – publik wurde.
Die
sensationsgeilen „Enthüllungsjournalisten“ vergessen die alte deutsche Regel „Man
liebt den Harzer Käse, doch man deckt ihn zu.“ Spionage gehört nicht erst seit
dem STASI-Aufklärer Guillaume 1974 neben dem deutschen Bundeskanzler zum
politischen Alltag, ist für mich keine Sensation, sondern Ärgernis.
Bleiben Sie
recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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