Samstag, 6. Juli 2013

Die Lufthansa und die Russen

Am 01. Juli 2013 flog ich von Frankfurt/M. nach Kiew. An Bord einer Lufthansa-Maschine. Links vor mir über den Gang hin saß ein junger Mann. Nach der Aufforderung des Flugkapitäns in Deutsch und Englisch, für die Startperiode bis zum Signal „Anschnallen beendet“ die elektronischen Geräte auszuschalten, reagierte er erst einmal nicht. Das kann sein, weil er weder die eine noch die andere Sprache verstand. Als ihn die wirklich hübsche Stewardesse darauf aufmerksam machte, doch den Sitz aus der Liegestellung aufzurichten und das iPod auszuschalten, reagierte er erst einmal – scheinbar. Als die junge Frau einige Schritte weiter gegangen war, schaltete er wieder ein. 
Als ich ihn darauf hin derb an der Schulter fasste und in Russisch aufforderte, das Gerät auszuschalten, erregte er sich. Ich hätte ihm das kultiviert sagen können, ohne ihn anzufassen. Mein Argument: man hätte ihn bereits dreimal gebeten, sein elektronisches Gerät auszuschalten – er habe daraufhin unkultiviert mit Ungehorsam reagiert. Ich fühle mich mit für die Sicherheit auch anderer Passagiere verantwortlich, weil ich um mögliche Folgen wisse. Das wurde mit seiner nun regelrechten Handlung beendet – garniert mit einem bösen Blick über die Schulter. 

Weil auf der Plattform „gutefrage.net“ heute eine diesbezügliche Frage gestellt wurde, habe ich etwas in meinen Notizen geblättert, um diesen Post zu schreiben. 

Es gibt eine EU-Vorschrift für den gewerblichen Luftverkehr, die EU-OPS, in der auf Seite 254/11 geschrieben steht: Der Luftfahrtunternehmer darf niemandem an Bord eines Flugzeugs die Benutzung eines tragbaren elektronischen Geräts gestatten, das die Funktion der Flugzeugsysteme und -ausrüstung beeinträchtigen kann, und er hat alle angemessenen Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass niemand ein solches Gerät an Bord eines Flugzeugs benutzt." 
Im Betriebshandbuch der Lufthansa steht unter "Elektronische Geräte 11.2.“: „Der ungenehmigte Betrieb von elektronischen Geräten an Bord, z. B. Mobiltelefonen, Laptops, CD-Spielern, elektronischen Spielen und Geräten mit Sendefunktion, Radio-Spielzeug und Walkie-Talkies, ist verboten und kann strafbar sein.“ 

Weil nicht nur die Russen, sondern viele, vor allem junge Menschen, eher bereit sind, einem amerikanischen Flugzeugkonzern zu glauben, hier einige Zeilen dazu. 
Die Zeitschrift "ABC News" zitiert den Experten Dave Carson, der beim Flugzeughersteller Boing diese Probleme bearbeitet. Er sagt, die erwähnten Geräte strahlten Signale aus, welche hochsensible elektronische Sensoren an Bord beeinflussen oder ganz außer Betrieb setzen könnten. Dazu reicht das Signal eines Handys aus. Betroffen sind vor allem Instrumente, die z. B. für Landungen bei schlechtem Wetter zuständig sind. In einem Testraum von Boeing konnte "ABC News" sich von der Wirkung solcher Signale überzeugen. Die Werte für iPhones und Blackberrys lagen über der festgelegten Grenze, iPads noch darüber. 

Der Weltluftfahrtverband hatte im Jahr 2011 eine Studie in Auftrag gegeben, zu untersuchen, wie elektronische Geräte an Bord auf die Flugsicherheit Einfluss haben. Es waren 125 Airlines befragt worden, welche über 75 Vorfälle berichteten, die nach begründeter Meinung von Mitgliedern der Crew auf die elektronischen Geräte der Passagiere zurückzuführen waren. Hier nur ein Beispiel: Auf einem Flug wechselte die Anzeige der Flughöhe rasch. Als man Passagiere aufforderte, ihre elektronischen Geräte auszuschalten, wurde alles wieder normal. 

Was hier steht gilt vor allem dann, wenn die Flugzeuge älter sind. Weil allerdings die Airlines nicht das Produktionsdatum für den von Ihnen gebuchten Flieger dazuschreiben und Sie selbst dann trotz dieser Information die elektronische Störsicherheit der Maschine nicht einschätzen können, gilt: die Aufforderung von Flugkapitän und Stewardessen, für kurze Zeit bei Start und Landung elektronische Geräte auszuschalten, sollte befolgt werden. 

Was hat das eigentlich mit der Überschrift zu tun? 

Die Lufthansa verlässt sich sichtlich und hörbar darauf, dass ihre Passagiere mindestens Englisch sprechen. Im Flieger von Frankfurt nach Kiew hätte es sich nach meiner Auffassung gehört, den Halbsatz aus der EU-OPS zu realisieren: „… und er hat alle angemessenen Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass niemand ein solches Gerät an Bord eines Flugzeugs benutzt." Dazu gehört, dass eine Information in der Landessprache des Start- oder Ziellandes erfolgt. Wenn einfach davon auszugehen ist, dass vorwiegend russische oder ukrainische Bürger an Bord sind. 
Vor allem auch deshalb, wenn man in den Chefetagen der Lufthansa wissen sollte, dass ein großzügiger Umgang mit Disziplin zu dem neuen Verständnis der Russen und Ukrainer von Freiheit gehört. 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger







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