Die Situation
in der Ukraine ist unübersichtlich. Weil ich nicht berichten kann, was ich
direkt gesehen und gehört habe, kommentiere ich ein wenig die ukrainischen Fernsehsendungen
– von deren Fragen und Kommentaren ich allerdings nur etwa die Hälfte verstehe.
Jedoch sind die Bemerkungen meiner Familie mit Rücksicht auf mich in Russisch. Also
kann ich mir doch eine Meinung bilden. Allerdings werde ich die in Fragen
verpacken.
Cato der Ältere (vor rund 2200 Jahren gelebt) soll, unabhängig vom
Thema der Senatssitzungen, jede seiner Reden dort mit den Worten beendet haben: "Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss." Darf ich mich
daran erinnert fühlen, wenn im ukrainischen Teil des Internets am Sonntagmorgen
(08.12.2013) die eigenartige Formulierung eines ukrainischen Journalisten auftaucht: „Putin
wird Janukowitsch bis 2015 (Wahljahr Präsident in der Ukraine) nicht in Ruhe
lassen.“ Darf ich daran zweifeln?
Der russische Präsident hat bei seinen
Pressekonferenzen im italienischen Triest (26.11.2013) und in Jerewan (Armenien,
02.12.2013) sehr eindeutig formuliert und mit Zahlen unterlegt, welche
Unterstützung die russische Regierung und einzelne wirtschaftliche Bereiche der
Ukraine gewähren. Alles in allem etwas über 35 Milliarden US-$!
Darf
andererseits der Präsident Russland nicht darauf aufmerksam machen, dass nach
vorliegenden Dokumenten die Ukraine von der EU veranlasst wird, zwei Monate
nach Unterschrift unter den Assoziationsvertrag die Zollschranken der Ukraine
gegenüber der EU drastisch zu verringern. Wenn die Ukraine im gegenwärtigen
Status mit Russland verbleibt, bedeutet dieses „Anlehnen an die EU“ sachlich,
dass die Waren von dort unter der Maske ukrainischer auf den russischen Markt
strömen können.
Wer von Ihnen, meine Leser, würde als Präsident seines Landes
dafür sorgen wollen, dass die bei 5,3 % stabilisierte Arbeitslosenquote im
eigenen Land durch Überflutung mit Waren aus dem Ausland (unter Umgehung
wirkender Verträge!) sich schlagartig erhöht? Dass ganze eigene Industriebereiche
von Stilllegung bedroht werden? Oder würden Sie auch den Partner bitten: entscheide
dich – so oder so. Sei dann auch bereit, die Folgen abzuwägen und zu tragen.
Wladimir Putin hat zweimal eindeutig – international hörbar – diese Einstellung
ausgesprochen. Haben Journalisten Tatsachen zu berichten oder zweifelhafte
Kommentare zu schreiben? Warum musste sich der sonst extrem ruhige russische
Außenminister Lawrow etwas erregt mit dem Gerücht beschäftigen, es bestünden
Pläne zum militärischen russischen Eingreifen in der Ukraine? Wer hat das niederträchtig erfunden?
Die politische russische Führung hat für mich deutlich gemacht, dass
sie weitsichtig genug war, um die amerikanischen Bomber von Syrien abzuwenden,
das dortige Giftgasproblem einer Lösung zuzuführen und die iranische Führung
zum Einlenken in der nuklearen Problematik zu veranlassen. Das meiste davon
durchsichtig und öffentlich – im Sinne internationaler Vorgaben (UNO). Dass
einzelne Bereiche auch vertraulich sein müssen, ist unbestreitbar und für
Unvoreingenommene verständlich.
Doch die Geheimverhandlungen der USA mit dem
Iran wurden der Welt erst später bekannt. Wie auch ihre Geheimdienstanstrengungen.
Vielleicht ist dieser Post auch schon gespeichert… Die Parallelen zu den
Geheimverhandlungen der Westmächte während des 2. Weltkrieges hinter dem Rücken
der Sowjetunion mit Hitlers Abgesandten zu einem Separatfrieden sind für mich
unübersehbar.
Putin und seine Mannschaft haben aus der Geschichte gelernt. Das
ist für mich deutlich. Auch im eigenen Land macht er sauber. Genauer: er
versucht das. Denn ihm geht es wie einem der letzten russischen Zaren, welcher
formulierte: „Nicht ich regiere Russland, sondern seine 247 (Zahl kann falsch
sein) Gouverneure.“ Das bewies mir sein Auftreten vor den Delegierten der
Allrussischen Volksfront (05.12.2013). Dort haben die Delegierten ihm direkt
Beispiele angeboten – und er hat reagiert und notiert. Ich möchte nicht in der
Haut jener stecken, die sich werden verantworten müssen.
Bleiben Sie recht
gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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