Es ist banal,
dieses Thema so zu nennen – aber anders geht das leider nicht. Weil viele Dritte
es unter ähnlicher Bezeichnung ebenfalls behandeln. Meine Meinung kann sich nur
darauf stützen, was in den Massenmedien für mich sprachlich verständlich vermittelt
wird. Weil ich noch immer nicht gut genug Ukrainisch spreche bzw. verstehe.
Die in den letzten
Tagen weitergeführte „Ausdünnung“ des russischsprachigen Teils im Fernsehen
erinnert mich an eine Zeit, da in der untergegangenen DDR (Deutsche
Demokratische Republik – heute noch: neue Bundesländer) versucht wurde, den
Radio- und Fernsehempfang aus der damaligen Bundesrepublik zu unterbinden. Mit
Störsendern und solchen dubiosen Aktionen wie zum „Richtigdrehen der Antennen“.
Zwecklos, wirkungslos. Heute, da über das Internet noch wesentlich
weitereichende Möglichkeiten des ungehinderten Nachrichtenempfangs bestehen, ist
die ukrainisch verständliche, aber dennoch propagandistisch nutzlose Aktion
einfach lachhaft.
Hier beginne ich
mit einer sich erfüllenden Voraussage. Die erfreuliche Meldung aus
Agrarierkreisen war Ende 2016: die Wintersaat ist zu 95 % aufgegangen. Dann fiel
relativ viel Schnee. Der Frost hätte kommen können. Doch leckten höhere
Temperaturen die Schneedecke wieder weg. Der Vorteil: die Energiesituation
verbesserte sich – denn das Heizen konnte man vermindern. Nun aber droht strenger
Kahlfrost. Die vom Schnee jetzt nicht isolierten Sommersaaten werden fast
vollständig ausfrieren. Die Aussaat von Sommergetreide bringt zusätzliche
Kosten. Der Exportgewinn des Agrarsektors wird deutlich sinken, weil
Sommerweizen geringere Preise erzielt.
Nun hat Präsident
Poroshenko an diesen Bedingungen keinen Anteil. Allerdings wurde ihm von einem
Fernsehsender angelastet, dass er nur etwa 20 % seiner Wahlversprechen erfüllt
habe. Das erinnert mich an eine Bemerkung eines Abgeordneten im Stadtparlament
von Berlin. Sinngemäß: „Jeder gewählte Politiker wundert sich nach seinem Wahlsieg
darüber, dass ihm seine Vorgänger leere Kassen überlassen. Er also Versprechen
nicht einlösen kann, weil die Erfüllung der meisten Geld kostet.“
Apropos Geld: die
Warmmiete für unsere Wohnung wurde im Dezember 2016 um ganze 70 % erhöht. Würde
meine Frau nur von ihrer Rente leben müssen, wären deshalb etwa 400 Hrywna monatlich
zusätzlich nur für die Miete erforderlich gewesen. Für andere „Lebenserhaltungskosten“
(von Lebenshaltung kann nicht die Rede sein) wäre kein Geld da. Deshalb steigt
die Anzahl der Subsidienempfänger aus dem staatlichen Budget auf rund 9
Millionen Haushalte. Trotz Rentenaufbesserung und Anhebung des Mindestlohnes
auf 3200 Hrywna – gegenwärtig etwa 115 Euro.
Der ehemalige Chefinspekteur
der ukrainischen Luftverteidigung, Generalleutnant i. R. Dmitro Umanez hat in
einem Interview die militärische Situation in der Ostukraine so
charakterisiert, wie ich das gegenüber meinen Freunden sei 2015 tat: offene
kleine militärische Provokationen, für eine großräumige Aggression gibt es keine
Anzeichen. Doch wird durch die russische Unterstützung der Separatisten das
Minsker Abkommen ständig ausgehöhlt. Damit müsse endlich aktiv Schluss gemacht
werden. Er erhoffe im Weiteren zweierlei: fortlaufende Stärkung der
ukrainischen Armee – die erfolgreiche Erprobung eigener Luftabwehrraketen sei
ein wichtiger Schritt gewesen – und die wesentlich effektivere politische
Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft. Mit der habe es nach seiner Auffassung in
den letzten Jahren deutlich gehapert.
Die Hoffnungen auf
einen Systemwandel mit vorgezogenen Parlamentswahlen gehen offensichtlich nicht
in Erfüllung. Denn der Speaker der Werchowna Rada, Herr Parubij, hat diese für 2017
ausgeschlossen.
Daran ändert
vorläufig auch nichts die Gründung einer eigenen „Bewegung des aktiven Volks
der Ukraine“ (Runa) durch die Abgeordnete Nadija Sawtschenko. Sie wolle „…das
System ändern und einen wahren Wandel herbeiführen“. Zum richtigen Zeitpunkt
soll aus der Bewegung eine Partei entstehen.
Ein uns bekannter Jurist
hat mir erläutert, dass der Abbau des Rufs dieser für mich unerschrockenen Frau
damit begann, dass man der durch die russische Haft doch etwas für das Thema
aufnahmebereiteren und juristisch nicht sehr beschlagenen Nadija einen
Gesetzentwurf zur Unterschrift vorlegte, dessen Auswirkungen sie nicht
einschätzen konnte. Mit dem hinterlistigen Plan hatte ein „Großkrimineller“ (so
genannter „Dieb im Gesetz“) auf Anraten seiner gekauften Rechtsberater
beabsichtigt, seine langfristig noch in U-Haft sitzenden „Handlungsgehilfen“
vorfristig freizubekommen. Nun heißt das Gesetz „Sawtschenko-Gesetz“ und auf
seiner Grundlage kamen und kommen Verbrecher frei, deren U-Haftzeit doppelt auf
ihr Strafmaß angerechnet wird. Nadijas Ansehen wird geschädigt.
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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