Mittwoch, 4. Januar 2017

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Es ist banal, dieses Thema so zu nennen – aber anders geht das leider nicht. Weil viele Dritte es unter ähnlicher Bezeichnung ebenfalls behandeln. Meine Meinung kann sich nur darauf stützen, was in den Massenmedien für mich sprachlich verständlich vermittelt wird. Weil ich noch immer nicht gut genug Ukrainisch spreche bzw. verstehe.

Die in den letzten Tagen weitergeführte „Ausdünnung“ des russischsprachigen Teils im Fernsehen erinnert mich an eine Zeit, da in der untergegangenen DDR (Deutsche Demokratische Republik – heute noch: neue Bundesländer) versucht wurde, den Radio- und Fernsehempfang aus der damaligen Bundesrepublik zu unterbinden. Mit Störsendern und solchen dubiosen Aktionen wie zum „Richtigdrehen der Antennen“. Zwecklos, wirkungslos. Heute, da über das Internet noch wesentlich weitereichende Möglichkeiten des ungehinderten Nachrichtenempfangs bestehen, ist die ukrainisch verständliche, aber dennoch propagandistisch nutzlose Aktion einfach lachhaft.

Hier beginne ich mit einer sich erfüllenden Voraussage. Die erfreuliche Meldung aus Agrarierkreisen war Ende 2016: die Wintersaat ist zu 95 % aufgegangen. Dann fiel relativ viel Schnee. Der Frost hätte kommen können. Doch leckten höhere Temperaturen die Schneedecke wieder weg. Der Vorteil: die Energiesituation verbesserte sich – denn das Heizen konnte man vermindern. Nun aber droht strenger Kahlfrost. Die vom Schnee jetzt nicht isolierten Sommersaaten werden fast vollständig ausfrieren. Die Aussaat von Sommergetreide bringt zusätzliche Kosten. Der Exportgewinn des Agrarsektors wird deutlich sinken, weil Sommerweizen geringere Preise erzielt.

Nun hat Präsident Poroshenko an diesen Bedingungen keinen Anteil. Allerdings wurde ihm von einem Fernsehsender angelastet, dass er nur etwa 20 % seiner Wahlversprechen erfüllt habe. Das erinnert mich an eine Bemerkung eines Abgeordneten im Stadtparlament von Berlin. Sinngemäß: „Jeder gewählte Politiker wundert sich nach seinem Wahlsieg darüber, dass ihm seine Vorgänger leere Kassen überlassen. Er also Versprechen nicht einlösen kann, weil die Erfüllung der meisten Geld kostet.“

Apropos Geld: die Warmmiete für unsere Wohnung wurde im Dezember 2016 um ganze 70 % erhöht. Würde meine Frau nur von ihrer Rente leben müssen, wären deshalb etwa 400 Hrywna monatlich zusätzlich nur für die Miete erforderlich gewesen. Für andere „Lebenserhaltungskosten“ (von Lebenshaltung kann nicht die Rede sein) wäre kein Geld da. Deshalb steigt die Anzahl der Subsidienempfänger aus dem staatlichen Budget auf rund 9 Millionen Haushalte. Trotz Rentenaufbesserung und Anhebung des Mindestlohnes auf 3200 Hrywna – gegenwärtig etwa 115 Euro. 

Der ehemalige Chefinspekteur der ukrainischen Luftverteidigung, Generalleutnant i. R. Dmitro Umanez hat in einem Interview die militärische Situation in der Ostukraine so charakterisiert, wie ich das gegenüber meinen Freunden sei 2015 tat: offene kleine militärische Provokationen, für eine großräumige Aggression gibt es keine Anzeichen. Doch wird durch die russische Unterstützung der Separatisten das Minsker Abkommen ständig ausgehöhlt. Damit müsse endlich aktiv Schluss gemacht werden. Er erhoffe im Weiteren zweierlei: fortlaufende Stärkung der ukrainischen Armee – die erfolgreiche Erprobung eigener Luftabwehrraketen sei ein wichtiger Schritt gewesen – und die wesentlich effektivere politische Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft. Mit der habe es nach seiner Auffassung in den letzten Jahren deutlich gehapert.

Die Hoffnungen auf einen Systemwandel mit vorgezogenen Parlamentswahlen gehen offensichtlich nicht in Erfüllung. Denn der Speaker der Werchowna Rada, Herr Parubij, hat diese für 2017 ausgeschlossen.
Daran ändert vorläufig auch nichts die Gründung einer eigenen „Bewegung des aktiven Volks der Ukraine“ (Runa) durch die Abgeordnete Nadija Sawtschenko. Sie wolle „…das System ändern und einen wahren Wandel herbeiführen“. Zum richtigen Zeitpunkt soll aus der Bewegung eine Partei entstehen.
Ein uns bekannter Jurist hat mir erläutert, dass der Abbau des Rufs dieser für mich unerschrockenen Frau damit begann, dass man der durch die russische Haft doch etwas für das Thema aufnahmebereiteren und juristisch nicht sehr beschlagenen Nadija einen Gesetzentwurf zur Unterschrift vorlegte, dessen Auswirkungen sie nicht einschätzen konnte. Mit dem hinterlistigen Plan hatte ein „Großkrimineller“ (so genannter „Dieb im Gesetz“) auf Anraten seiner gekauften Rechtsberater beabsichtigt, seine langfristig noch in U-Haft sitzenden „Handlungsgehilfen“ vorfristig freizubekommen. Nun heißt das Gesetz „Sawtschenko-Gesetz“ und auf seiner Grundlage kamen und kommen Verbrecher frei, deren U-Haftzeit doppelt auf ihr Strafmaß angerechnet wird. Nadijas Ansehen wird geschädigt.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger







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