Mittwoch, 3. Juni 2015

Wie weiter ...



Wenn ich zuvor zum Abiball geschrieben habe, dann heute dazu, warum ich für die ukrainischen Jungen und Mädchen etwas schwarzsehe. Stoff dazu gaben mir zwei Fernsehsendungen.

In die erste zappte ich mich unversehens hinein – eine Wiederholung. „Ein guter Tag?“ heißt sie in der Übersetzung. Dem Reporter gab, wie ich diesmal aufschrieb, der Oberst der Reserve Oleg Shdanov (Олег Жданов) sehr gut überlegte und von Sachkenntnis sowie Insiderwissen zeugende Antworten auf kitzlige Fragen. Eine bezog sich auf den Bereich „ukrainisches Verteidigungsministerium“. Wie es denn da mit der Reform aussehe. Mich hat die Antwort erschüttert. Die Reformen wären wegen der relativen Abgeschlossenheit des Ministeriums in ihm leicht zu stoppen gewesen. Außerdem gäbe es nach seiner Meinung nicht wenige Entscheidungsträger, welche russlandfreundlich seien. Es hätte sich in der letzten Zeit die Anzahl der Generäle vergrößert, neue Bereiche seien geschaffen worden. Solche, die schon vor fünf Jahren als wirklich unzweckmäßig abgeschafft wurden, sind wiederbelebt. 
Der Generalstabschef bekam zwei Erste Stellvertreter. Während sich einer der beiden, ein strategisch gebildeter, erfahrener Mann mit administrativen Aufgaben abmühen muss, sei General Nasarow, gegen welchen ein Untersuchungsverfahren eingeleitet wurde, um zumindest seine Mitschuld am Tod von Armeeangehörigen bei verfehlten militärischen Einsätzen in der Ostukraine zu klären, sich als zweiter Erster Stellvertreter des Generalstabschefs damit befasst, seine eigene Position zu stärken. Kritische Offiziere müssten, wenn sie sich offen so zu ihm äußerten, mit ihrer Entfernung aus den Streitkräften rechnen. Shdanov wies darauf hin, dass er mit General Nasarov aus zweijähriger Zusammenarbeit bekannt sei. Die Zustände in dessen Nähe jetzt und im Ministerium charakterisierte er als „Bachanal“. Für Änderungen fehle vor allem politischer Wille. 

In einer anderen Sendung sprach der Moderator sehr überzeugend und mit Beweisen davon, dass mit der sich langsam durchsetzenden Eigenverantwortung für getroffene Entscheidungen vor allem auf oberen staatlichen Ebenen eine eigenartige Erscheinung zu beobachten ist. Immer wenn Entscheidungen besonderer Art getroffen und unterschrieben werden müssen, werden erstaunlich viele „Entscheidungsträger“ plötzlich krank, bettlägerig. Dann hat eben der Stellvertreter den Hut auf… 

In Sendungen, welche eine Einschätzung der einjährigen Tätigkeit von Präsident Poroshenko zum Inhalt hatten, wurde verhaltene Kritik deutlich. Es hätten sich nicht alle Erwartungen erfüllt… Vor allem, dass er noch nicht wie versprochen seinen Süßwaren- und Konditorei-Konzern verkauft hat, wird ihm als Zugehörigkeit zur Oligarchie angekreidet. Mit einer Sparpolitik auf Kosten der „kleinen Leute“. Die Ukrainer haben zum größten Teil noch nicht erfasst, dass dies ein Abbild der westlichen Werte ist…  

Nun kommt das „95-te Quartal“ ins Spiel, ein politisch-satirisches Kabarett. Ich kam zu einer Szene zurecht, als Wladimir Selenskyi mit einem Riemen in der Hand in der Rolle Petro Poroshenko (Präsident) den langen Lümmel (Sohn) Ewgeniy Koshewoi zu erziehen begann. Mit der Frage, welchen Wagen aus dem Fuhrpark der Familie er unerlaubt genutzt und im Unfall stark beschädigt habe. Das ging von BMW über Mercedes der Luxusklasse zu Ferrari und Bentley. Als ein Supertoyota ermittelt war, begann die Frage nach dessen Farbe. Inzwischen war die schmucke Jelena Krawetz als Mutti dazugekommen. Sie fragte, ob das Söhnlein getrunken hätte vor der Fahrt. Der Sohn wand sich wie ein Aal. Wies darauf hin, dass er bereits 30 Jahre alt und Abgeordneter der Obersten Rada sei. 
Nun kurz etwas aus dem Dialog Vater – Sohn. „Ist der Schaden groß?“ „Da brauche ich schon etwas Geld.“ Poroshenko ruft per Handy an: “Groismann?(Speaker des Parlaments) Mit Erhöhung der Diäten für die Abgeordneten bin ich einverstanden. Es gibt gewichtige Gründe.“ Mutti: „Nun wird es wohl nichts mit dem Posten als Ministerpräsident?“ Vater: „Was redest du jetzt davon? Das sollte doch eine Geburtstagsüberraschung werden!“ 
Wie häufig- Künstler haben (Selenskiy ist ausgebildeter Jurist und Vollblutsatiriker) nicht selten die Witterung für das, was „faul ist im Staate Dänemark“. 

Das Ganze wird im jetzigen Alltag fortgesetzt mit den Verfahren gegen zwei hochrangige Abgeordnete der Obersten Rada. 
Auch der „Offene Brief“ der Volksvertretung von Belaja Zerkov an Präsident, Ministerpräsident und Speaker der Obersten Rada gegen die extreme Erhöhung von Tarifen für Elektroenergie und Gas für die Bevölkerung zählt mit zu den politischen Ereignissen, welche die Einsetzung des grusinischen (georgischen) „Gastarbeiters“ Michail Saakaschwili als Gouverneur von Odessa etwas überstrahlen. 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger


P. S. Berichtigung bzw. Ergänzung vom 04.06.2015

Der oben erwähnte "Offene Brief" stammt nicht vom gesamten Stadtparlament, sondern nur von dessen Batkowtshina-Fraktion (Fraktion "Vaterland"). Das sind die Anhänger der "Gasprinzessin" Julia Timoshenko, welche offensichtlich vergessen haben, welche eigenartige Rolle ihre Parteichefin als Ministerpräsidentin der Ukraine bei den Verhandlungen mit Präsident Putin zu den Gaspreisen gespielt hat. Wie mir damals jemand kommentierte: "Ihre Firma bekommt Prozente nicht von der Gasmenge, sondern von deren Preis. Da schneidet sie sich doch nicht ins eigene Fleisch." 





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