Gewöhnlich halte mich mich mit Urteilen und Meinungen zur ukrainischen innen-
und außenpolitischen Situation sehr zurück. Was hier kommt, sind fast nur reine
Übersetzungen. Zur Quelle: alles hier
Folgende beruht auf Internetveröffentlichungen der ukrainischen Zeitung „Komsomolskaja
Prawda“.
Wesentlich ist für mich, dass der ukrainische Politiker Anatolij
Grizenko, von dem die Rede ist, zwei Jahre lang (2010-2012) der
Verteidigungsminister des Landes war und damit „Insider“ genannt werden kann.
Er erklärte im Äther des „Bürger-TV“ etwas dazu, dass die Umgebung von Arsenij
Jazenjuk die Gespräche der Silowiki kontrollierte (russisch-ukrainische
Bezeichnung für die Gruppe der Minister, denen Polizei, Armee und andere Sonderdienste
unterstehen) und wissen konnte, dass die Möglichkeit der gewalttätigen
Auflösung des Meetings auf dem Maidan in der Nacht zum 30. November (2013)
bestand. Einer der Offiziere des „Berkut“ übergab Grizenko die Radioaufzeichnungen
(gemeint scheinen Audiomitschnitte – der Übersetzer) aller Spezialeinheiten in
der Nacht vom 29. Auf den 30. November (2013) in der Zeit von 3:00 bis 6:20 (Uhr).
„Ich habe diese Aufzeichnungen offiziell an Viktor Pshonka übergeben.“ – sagte Grizenko.
Nach seinen (Grizenkos) Worten meinte Jazenjuk, dass er das nutzlos getan hätte. Grizenko
zitierte das Gespräch mit Jazenjuk: „Bis zu dem Augenblick kontrollierten wir
alle Funkgespräche des „Berkut“. Das heißt, wir hatten Zugang zu ihrer
Frequenz, hörten die ab und wussten, wohin „Berkut“ sich bewegt. Als ich die
Aufzeichnungen übergab, fiel diese Möglichkeit angeblich aus. Da habe ich diese
Frage: wenn die Gespräche kontrolliert wurden, weshalb bewahrte man die
Menschen nicht vor den Schlagstöcken? Weshalb kam man nicht unmittelbar mit
dazu?“
Mein Kommentar: noch nicht an der Macht, aber schon Abhörpraxis a la
USA-Geheimdienst oder ukrainischer Major Melnishenko (welcher seinen obersten Dienstherren
bespitzelte). Wladimir Putin sagte dazu voreilend etwas auf seiner großen Pressekonferenz vom 19.
Dezember 2013 (s. Post „Potpourrie“ auf diesem Blog) „Geheimdienste gehören zu
den ältesten Berufen der Welt. Den ältesten kennen sie sicher.“ und hatte die
Lacher auf seiner Seite.
Der Konflikt zwischen dem Abgeordneten Grizenko und
dem Leiter der „Batkowtshina“ Arsenij Jazenjuk verschärfte sich, nachdem die
Fraktion auf ihrer Sitzung einmütig beschloss, Grizenko von dieser
auszuschließen. Als Antwort auf diese
Handlung seiner Kollegen schrieb Grizenko am 14.01.2014 eine Erklärung über
seinen Austritt aus der „Batkowtshina“, wonach Jazenjuk von ihm verlangte, dass
er sein Mandat als Abgeordneter niederlegen solle.
Eine diesbezügliche
Erklärung ließ Grizenko am 17.01.2014 beim Parlamentspräsidenten Rybak
registrieren. Das ist – wenn ich den Kommentar von Herrn Grizenko hier
beurteile, sowohl eine politisch aufrechte Haltung als auch ein Beispiel für
Treue zu persönlichen Grundwerten.
Er erklärte: “Ich wurde in das Parlament der
Ukraine gewählt und nicht in das von Nordkorea. Ich kann nicht in einer
Werchownaja Rada (Parlament – d. Übersetzer) arbeiten, welche mit ihren Gesetzen
die verfassungsmäßigen Grundrechte von 45 Millionen Bürgern verletzt und statt
die Demokratie zu stärken, den ukrainischen Staat in eine Diktatur verwandelt.“
erklärte Anatolij Grizenko sein Handeln.
Nach den Worten des Politikers „…widerspricht
die Situation, welche während der Abstimmung zum Budget und der Annahme der
repressiven Gesetze entstand, meinen Lebensprinzipien und Grundwerten.“ Kein weiterer Kommentar.
Noch etwas
Bemerkenswertes aus dem ukrainischen und internationalen politischen Umfeld. Ein
bekannter ukrainischer Politologe kommentierte die veröffentlichte Entscheidung
der drei Spitzenleute der Opposition, zum ersten Wahlgang der
Präsidentschaftswahlen in der Ukraine im kommenden Jahr drei Kandidaten
aufzustellen so, dass dabei eindeutig die persönlichen Ambitionen über die
politische Vernunft gesiegt hätten. So läßt sich Uneinigkeit auch beschönigen.
Mir scheint hier sogar das militärische
Prinzip des „Getrennt marschieren – vereint schlagen!“ vergessen zu sein. Natürlich
sind da in einem Jahr immer noch Korrekturen denkbar. Aber zurzeit sehe ich auch
wenig Einmütigkeit in den Reihen der Opposition. Wesentlich erscheint mir - auch kaum programmatische Vorstellungen für politisches und vor allem ökonomisches "Danach"...
Aber auch in Westeuropa und
den USA bröckelt viel von dem, was noch vor kurzem sehr nachdrücklich zur
Debatte stand. Man scheint in Brüssel bereit zu sein, sich zu dritt an einen Tisch
zu setzen. Den Nachbarn Russland dazu zu bitten. Die führenden USA-Politiker
denken laut darüber nach, sich für einen Kredit der Weltbank an die Ukraine in
Höhe von eben den 15 Milliarden US-$ stark zu machen. Das Erstaunliche daran –
das ist genau die Summe, welche Russland
schon seit einiger Zeit der ukrainischen Regierung zu Verfügung gestellt hat. Will
man die „Ostschuld“ ablösen lassen?
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried
Newiger
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen