Sonntag, 15. September 2013

Genf 14.09.2013

           Erneut habe ich Grund, mich zu freuen. 
           Diesmal für alle Welt – auch für Sie. Die Gefahr, dass sich aus einem örtlichen Spiel mit dem Feuer in Syrien ein Flächenbrand entwickelt, ist vorerst gebannt. 
         Beide in Genf tagenden Außenminister – Kerry und Lawrow – stellten die Ergebnisse ihrer dreitägigen Verhandlungen auf einer Pressekonferenz vor. Dabei wurde auch deutlich, dass es noch viel zu regeln gibt. Wie immer im Leben sind die Einzelheiten nicht vorhersehbar. Die Menge, die Verteilung und die Verfahren zur Vernichtung der geschätzt 1000 Tonnen chemischer Kampfstoffe beziehungsweise ihrer Ausgangsmaterialien sind Sache der Spezialisten auf diesem Gebiet. Die Zeitrahmen sind eng. 
       Über Stil und Inhalt der Pressekonferenz gab es Berichte in den Massenmedien. Es wurde für mich auch deutlich, dass die USA-Politik immer noch mit Drohungen arbeitet, während die russischen Überlegungen sich jedoch nur an Völkerrecht und UNO-Grundsätzen orientieren. 
         Als Beispiel: Mister Kerry sprach direkt wieder von angedrohtem militärischem Einsatz, sein Kollege Lawrow bezog sich auf diesen als eine Möglichkeit, welche aber vom UN-Sicherheitsrat gebilligt werden müsse. 
        Bei "Reuters" fand sich heute Mittag diese eigenartige Formulierung: "Die US-Regierung betonte, ein Militärschlag im Alleingang sei noch nicht vom Tisch." Deshalb der vorsichtige dritte Satz in diesem Post. 
     Dank politischem Verantwortungsbewusstsein, auch politischer Fantasie und ausgeprägter Hartnäckigkeit der damit befassten russischen Spitzenpolitiker sowie ihrer Spezialisten ist es aber zumindest so weit gekommen, dass der in Genf abgefasste Rahmenvertrag vereinbart werden konnte.  

           Der sichtlich müde russischen Außenminister Sergeij Viktorowitsch Lawrow gab am gestrigen Abend (14.09.2013) einem Starreporter des russischen Fernsehens ein – ungeplantes – exklusives Interview. 
          Der wie immer äußerst korrekt formulierende  Sergeij Viktorowitsch antwortete auf einige Fragen und zog nochmals Bilanz seiner Gespräche mit dem US-amerikanischen Außenminister John Kerry. Dass sie erfolgreich sein konnten, sei weniger auf die militärische Drohung der USA begründet, sondern auf das vertrauensvolle und dennoch kritische Verhältnis zwischen Russland und Syrien zurück zu führen. 
         Die Tatsache, dass die syrische Regierung überraschend kurzfristig den Beitritt zum Abkommen über das Verbot von chemischen Waffen erklärt hätte, sei auch diesem Verhältnis zuzuschreiben. 
          Damaskus wäre ja auch noch einen Schritt weiter gegangen. Man habe erklärt, selbst wenn die Anerkennung genannter Mitgliedschaft entsprechend den dafür geltenden Bestimmungen erst nach einem Monat erfolgen könne, sich die syrische Regierung zeitgleich mit ihrer Erklärung an die mit einer Mitgliedschaft verbundenen Auflagen halten wolle. Damit hätten die Verhandlungen ein zusätzliches positives Moment erhalten. 
        Denn das bedeute Zeitgewinn bei der Umsetzung der vereinbarten Vorhaben. 

    Der Reporter formulierte dann noch einige Sätze eigenen Kommentars zu dem Verhandlungsergebnis. Auf denen baut meine folgende Meinung auf. 
     Wer wie ich die lokalen Kriege der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in den Massenmedien miterleben musste, kommt vielleicht wie ich auch zu folgendem Schluss.

        Erstmals seit 1956 konnte Russland – auch als Nachfolger der UdSSR – die USA politisch dazu veranlassen, von einer militärischen Intervention abzusehen. Das bedeutet eine sehr beachtliche Steigerung des politischen Ansehens Russlands in der Welt. 

           Dass das einer Menge an Leuten nicht passt, verstehe ich. Wie immer. Neid muss man sich verdienen. 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger






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