Sonntag, 19. Juli 2015

Wirrwarr...



Als ich am 06. Juli d. J. wieder aus Berlin in Kiew ankam, waren hier Vorgänge abgelaufen, von denen es in Deutschland nichts in den Schlagzeilen zu lesen gab. Unter anderem hatte der grusinische (georgische) Gesundheitsminister sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Wie ich es verstand mit einer Begründung unter anderen, dass er die Aufgabe nicht lösbar ansehe, diese Struktur Gesundheitsministerium zu reformieren. 
Einerseits habe ich vor acht und sechs Jahren mit dem fachlichen Können ukrainischer Chirurgen beste Erfahrungen gemacht. Zum anderen sind mir aus dieser Gelegenheit her gewachsene vertrauliche Beziehungen für ein Teil von Informationen verantwortlich. Die mir klar machten, wie groß der Anteil der Bürokraten aller Stufen ist, welche von den praktischen Ärzten am OP-Tisch und in den Stationen ständig eine Art „Beitrag zum Weitermachendürfen“ beziehen. 
Jene bekommen von ihren Patienten gewisse Summen, die natürlich schwanken zwischen Beträgen für Blinddarmoperationen oder Herzimplantationen. Aber an allem haben die Bürokraten - noch - ihren schmierigen Anteil. 
Von Herrn Saakaschwili, dem neuen Gouverneur von Odessa und dem Gebiet Odessa, habe ich inzwischen einen sehr positiven Eindruck erhalten. Sowohl seine  Auftritte im Fernsehen als auch seine Massnahmen zur Bekämpfung der Korruption und zur Entwicklung des Gebietes zeigen mir politische Fantasie bei realer Einschätzung der komplizierten Situation.

Zu noch ernsthafterem.

Als ich Ende Juni aus Kiew abreiste, begann gerade die Untersuchung gegen das Bataillon „Tornado“. Eine überwiegend aus Freiwilligen bestehende Einheit. Vorwiegend in dessen 2. Kompanie hatten sich ehemalige Kriminelle „zusammengefunden“, welche unter anderem sich damit beschäftigten, von nach ihrer Auffassung begüterten Männern durch fast an Folter grenzende physische Gewalt Geld zu erpressen. Es war leider so, dass diese Einheit aus dem Bereich „Rechter Sektor“ gestellt war. Dass inzwischen von der Staatsanwaltschaft strafbare Handlungen unter Anklage gestellt wurden, macht die Tatschen nicht ungeschehen. 

Nun sind durch die Schießereien um Mukacevo in der Westukraine neue Probleme für und mit dem „Rechten Sektor“ aufgetaucht. Angeblich ging es darum, durch das zu ihm gehörige Freiwilligenbataillon eine Ladung Schmuggelware zu stoppen. Wert der Zigarettenladung etwa 450.000 Euro. 
Die oben beschriebenen Misshandlungen in einem Keller in Frontnähe und die eigengesetzlichen Handlungen mit Waffeneinsatz erinnern doch verdammt an die „gerechten“ Handlungen der SA in den Jahren vor der faschistischen Machtergreifung. 
Es ist eindeutig, dass auf diese Weise der russischen Führung zugearbeitet wird. 

Was andere vielleicht nicht so bemerken: in der Sendung „Schuster life“ formulierte der ehemalige Generalstaatsanwalt der Ukraine, Herr Piskun, ein wenig in Eile (scheint mir), dass das Schmuggelgeschäft in der Westukraine fest in den Händen weniger Familien ist. Frage ich mich: wo sind die Ermittlungsergebnisse gegen diese Schädlinge? 
Der ehemalige Polizeigeneral Moskal, durch seinen einstigen Dienst in der Westukraine nicht schlecht mental vorbereitet, soll nun als Gouverneur dieses Landstriches die Fäden entwirren und bessere Zeiten organisieren. Es bleibt abzuwarten – denn sein Familienname ist aus dem Ukrainischen übersetzt „Moskowiter“ – gegenwärtig bei der aktuellen militärischen Situation ein Schimpf- oder Reizwort für die Westukrainer.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger




 

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