Als ich am 06. Juli d. J. wieder aus
Berlin in Kiew ankam, waren hier Vorgänge abgelaufen, von denen es in
Deutschland nichts in den Schlagzeilen zu lesen gab. Unter anderem hatte der
grusinische (georgische) Gesundheitsminister sein Rücktrittsgesuch eingereicht.
Wie ich es verstand mit einer Begründung unter anderen, dass er die Aufgabe
nicht lösbar ansehe, diese Struktur Gesundheitsministerium zu reformieren.
Einerseits habe ich vor
acht und sechs Jahren mit dem fachlichen Können ukrainischer Chirurgen beste
Erfahrungen gemacht. Zum anderen sind mir aus dieser Gelegenheit her gewachsene
vertrauliche Beziehungen für ein Teil von Informationen verantwortlich. Die mir
klar machten, wie groß der Anteil der Bürokraten aller Stufen ist, welche von
den praktischen Ärzten am OP-Tisch und in den Stationen ständig eine Art „Beitrag
zum Weitermachendürfen“ beziehen.
Jene bekommen von ihren Patienten gewisse
Summen, die natürlich schwanken zwischen Beträgen für Blinddarmoperationen oder
Herzimplantationen. Aber an allem haben die Bürokraten - noch - ihren schmierigen Anteil.
Von Herrn Saakaschwili, dem neuen Gouverneur von Odessa und dem Gebiet Odessa, habe ich inzwischen einen sehr positiven Eindruck erhalten. Sowohl seine Auftritte im Fernsehen als auch seine Massnahmen zur Bekämpfung der Korruption und zur Entwicklung des Gebietes zeigen mir politische Fantasie bei realer Einschätzung der komplizierten Situation.
Zu noch ernsthafterem.
Als ich Ende Juni aus Kiew abreiste,
begann gerade die Untersuchung gegen das Bataillon „Tornado“. Eine überwiegend aus
Freiwilligen bestehende Einheit. Vorwiegend in dessen 2. Kompanie hatten sich ehemalige
Kriminelle „zusammengefunden“, welche unter anderem sich damit beschäftigten,
von nach ihrer Auffassung begüterten Männern durch fast an Folter grenzende
physische Gewalt Geld zu erpressen. Es war leider so, dass diese Einheit aus
dem Bereich „Rechter Sektor“ gestellt war. Dass inzwischen von der
Staatsanwaltschaft strafbare Handlungen unter Anklage gestellt wurden, macht
die Tatschen nicht ungeschehen.
Nun sind durch die Schießereien um Mukacevo in
der Westukraine neue Probleme für und mit dem „Rechten Sektor“ aufgetaucht. Angeblich
ging es darum, durch das zu ihm gehörige Freiwilligenbataillon eine Ladung Schmuggelware zu
stoppen. Wert der Zigarettenladung etwa 450.000 Euro.
Die oben beschriebenen
Misshandlungen in einem Keller in Frontnähe und die eigengesetzlichen
Handlungen mit Waffeneinsatz erinnern doch verdammt an die „gerechten“
Handlungen der SA in den Jahren vor der faschistischen Machtergreifung.
Es ist
eindeutig, dass auf diese Weise der russischen Führung zugearbeitet wird.
Was andere
vielleicht nicht so bemerken: in der Sendung „Schuster life“ formulierte der
ehemalige Generalstaatsanwalt der Ukraine, Herr Piskun, ein wenig in Eile (scheint
mir), dass das Schmuggelgeschäft in der Westukraine fest in den Händen weniger
Familien ist. Frage ich mich: wo sind die Ermittlungsergebnisse gegen diese
Schädlinge?
Der ehemalige Polizeigeneral Moskal, durch seinen einstigen Dienst
in der Westukraine nicht schlecht mental vorbereitet, soll nun als Gouverneur
dieses Landstriches die Fäden entwirren und bessere Zeiten organisieren. Es bleibt
abzuwarten – denn sein Familienname ist aus dem Ukrainischen übersetzt „Moskowiter“
– gegenwärtig bei der aktuellen militärischen Situation ein Schimpf- oder Reizwort für
die Westukrainer.
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen