Dieser
Post ist eine reine, leicht gekürzte Übersetzung aus dem Russischen. Da vom
Autor ins Internet gestellt, sollte kein Verbot zur Verbreitung in einer
anderen Sprache bestehen. Da trotz des Euro-Maidans im Abgeordnetenhaus keine
Veränderungen erfolgten – bis auf Massenaustritte aus der ehemals bestimmenden „Partei
der Regionen“ – sind die Konstellationen geblieben.
Die von K. Marx schon
geäußerten Ideen zur Kapitalflucht sind bekannt.
Quelle: RIA Nowosti, Ukraine
Verfasser:
Politologe Jurij Gorodnenko
Oligarchen
Unter den Abgeordneten der gegenwärtigen
Werchownaja Rada (ukrainisches Parlament) gibt es zurzeit folgende
Gruppierungen: die „Leute der Familie“ (ehem. Präsident Janukowitsch 49
Personen), die Gruppen der Oligarchen Rinat Achmetow (40 Leute) Dimitrij Firtasch
(28 Abgeordnete – er selbst gegenwärtig in Österreich verhaftet auf Ersuchen
von USA-Untersuchungsbehörden), Andrej Klujew (18 Leute), Sergej Tigipko (5
Personen), Igor Kolomoiskij (6 Volksvertreter), ebenfalls 6 davon für Viktor
Pintshuk, Petro Poroshenko (5 Personen) und so weiter.
Um die erforderlichen
Entscheidungen durchzubringen, „werben“ der eine und der andere Oligarch
zusätzlich Abgeordnete aus anderen Fraktionen an (darunter auch aus der
ukrainischen Kommunistischen Partei). Die Gefahr dieses Systems besteht darin,
dass die Käufer selbst leicht von anderen Ländern aufgekauft werden können. Das
macht der Westen heute eben auch.
Liberale Wirtschaft
Der Anteil des
staatlichen Sektors an der ukrainischen Wirtschaft - 9,5 %. Zum Vergleich: in
den letzten Jahrzehnten schwankt dieser in Frankreich im Bereich 17-30 %. Alle Schlüsselindustriezweige sind in
der Ukraine bereits privatisiert (Energetik, Rohstoffförderung, Produktion
metallischer und chemischer Ausgangsstoffe). … Die Einkünfte aus diesem
staatlichen Sektor betragen in der Ukraine 45 % (in Europa unter 40 %). Es
kommt dabei also heraus, dass noch vorhandene ukrainische staatliche
Unternehmen dem Staat mehr Profit sichern als in Europa. Entgegen jeder Logik
überzeugt uns der Internationale Währungsfond vom Gegenteil: der staatliche
Sektor der Ukraine ist uneffektiv, er sollte privatisiert werden.
Eigenartiger
Weise stimmen hier die Interessen des Westens überein mit denen der von ihm
kontrollierten Clans von Oligarchen, welche die Ukraine gegenwärtig lenken. Wo ist
der Grund für solche Seelenverwandtschaft? Die Sache ist die, dass praktisch
alle von den Oligarchen privatisierten großen Betriebe nach Schattenschemata arbeiten, welche die
Verbringung finanzieller Mittel über Offshore-Länder voraussetzen. Die offshore-Zonen
sind aber nichts anderes als Transitterritorien für die weitere Bewegung dieser
Finanzströme. Endstation sind westliche Banken, auf deren Konten die Gelder sich
auch absetzen. Wenn man berücksichtigt, dass alle diese Mittel aus „Schattenquellen“
stammen (Steuerhinterziehung) – könnten ausländische Kontrollorgane ohne
Schwierigkeiten ihnen gegenüber Sanktionen verhängen entsprechend dem
Paragraphen „Geldwäsche“.
Jedoch bewegt
sich Kapital immer dorthin, wo es Nutzen bringt (dem Besitzer – d. Ü.), aber
nicht dorthin, wo es gebraucht wird (Realisierung strategischer Projekte,
Schaffung von Großbetrieben… u. a.). Deshalb ist ein beliebiger Oligarch seiner
Natur nach unpatriotisch. Die Mobilität von Privateigentum ist für die
Wirtschaft nützlich, jedoch ist dessen Prinzipienlosigkeit – eine Bedrohung der
nationalen Sicherheit des Staates. Hier die goldene Mitte zu finden ist
schwierig, erfordert einfühlsame und überlegte Politik der Zentralgewalt.
Was
wird weiter?
Wie sichtbar, ist das der Regierung Nikolai Asarows nicht gelungen,
aus von ihr nicht immer abhängigen Gründen. Nun ist es eindeutig, als
hauptsächliche Lehre der ukrainischen Krise, vor allem für Russland: die
Oligarchen können leicht die aktiven Teilnehmer an der Zerstörung eines ganzen Landes
werden im Interesse ihres eigenen Kapitals. Außerdem wäre auf die Frage zu
antworten: weshalb wurde, anstatt bei den vorhandenen Möglichkeiten, nur den in
seinen Überlegungen recht unabhängigen Asarow von der politischen Bühne zu
entfernen, von Washington speziell die Verschärfung gesucht und der Umsturz mit
solchem Lärm durchgeführt?
Aller Wahrscheinlichkeit nach geschah das als
Hinweis für andere: sieh her, wie es jenen ergeht, welche so „frech“ sind, eine
eigene Meinung zu haben! Gleichzeitig eine Warnung an Russland: „Steck deine
Nase nicht in fremde Dinge!“
Am Beispiel der Ukraine sollte sich Moskau nochmals
davon überzeugen – in den nächsten kommenden Jahren wird das Weiße Haus
keinerlei Gleichberechtigung dulden. Das heißt, sich auf neue Heimsuchungen
vorzubereiten.
Schließlich drängt sich zum Vergleich für die Ukraine eine
Parallele zum Februar 1917 auf. Damals nutzten die Beamtenschaft, die Industriellen und der
Westen (in Person der englischen und französischen Botschafter) ebenfalls die
Welle des Unwillens der Bevölkerung, den willenslosen Zaren zu stürzen. Und die
Wirtschaft des russischen Imperiums war ebenso liberal wie gegenwärtig die in der
Ukraine. Jedoch nun, will man der Analogie folgen, werden in Meshigorie (Palast
Janukowitschs – d. Ü.) bald die eigenen Gutschkows und Schulgins erscheinen mit
dem Manifest über die Abdankung.
Wie jedoch
die Ereignisse von Oktober 1917 zeigten, kann der einmal in Gang gesetzte Mechanismus
zum Umsturz den Autoren einen üblen Streich spielen. Dann kommt an Stelle einer
schwachen Macht eine neue, radikale Kraft.
In diesem
Kontext wurde besonders beachtenswert das Auftreten der Führer des „Rechten
Sektors“ vor den Fernsehkameras am 28. Januar 2014 , welche durch Dmitrij Jarosch
ihre eigenen Forderungen an die Staatsmacht kundtaten. Auf diese Weise proklamierten
die Radikalen sich selbst zu einer politischen Kraft, unabhängig von Tjagnibok,
Klitschko, Jazenjuk. Interessant ist, dass die von ihnen formulierten Thesen
eindeutig und klar ausgeprägten sozialen Charakter tragen: Kampf mit der
korrumpierten Macht, der Armut, das Prinzip Solidarität („unsere Brüder“) mit
allen ukrainischen Patrioten (unabhängig von ethnischer Herkunft),
Unversöhnlichkeit mit Feinden.
Besonders
diese unerwartete Genauigkeit, die Klarheit und die Konkretheit ihrer „Aprilthesen“
(oder „25 Punkte“) bringt auf den Gedanken, dass der Mechanismus eines neuen
Umsturzes schon ausgelöst wurde.
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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