Donnerstag, 6. Februar 2014

Klitschko out?


          Am 03. Februar 2014 musste ich 800 km ostwärts durch die Ukraine reisen – per Eisenbahn nach Lugansk. Als Dolmetscher für ein mittelständiges deutsches Unternehmen.      
           Daheim umsorgte mich wie immer meine Frau. Ob das Handy richtig eingesteckt ist, das Billet für die Hinfahrt in der Jacke steckt und nicht das für die Rückreise… „Lasse dich auf keine politischen Diskussionen ein. Du kennst doch den Witz?“  Ich kannte nicht.
          „Wie siehst du denn aus?“ „Politik! Klingelt es an der Tür, ich mache auf.  Einige Kerle. „ Für wen bist du – weiß oder rot?“ „Für die Weißen!“ „Hosen runter!“ Bekam mörderlich Prügel. Nach einer halben Stunde klingelt es wieder. Erneut einige Kerle. „ Für wen bist du – weiß oder rot?“ „Für die Roten!“ „Hosen runter!“ Bekam wieder mächtige Prügel. Als es zum dritten Mal klingelte, ließ ich gleich die Hosen runter. Das war die Nachbarin, zum Tee trinken.“
            Die ukrainischen Fernsehberichte und was in die Welt geht – ein einziger großer Maidan – und fast nur. Mir gefiel die Meinung eines Schriftstellers: „Wir sollten erst einmal  festhalten, dass dort auf ihm nicht das gesamte ukrainische Volk versammelt ist.“
           Aber wieder eine Warnung meiner Frau: „In Lugansk sind die Kosaken einmarschiert. Mische dich nur nirgends ein!“
          Meine Gute schickte mich dann, damit ich rechtzeitig zum Zuge komme, in Erwartung eines Verkehrschaos schon gegen 15.30 Uhr per Kleinbus zum Kiewer Hauptbahnhof.                 Ganz im Gegenteil – wir kamen zeitig genug dort an, mit 90 Minuten Reserve. Auf den Straßen ruhig – nix von Maidan. Auf dem Bahnhof belebt wie immer. Im Zug Leute – keine Diskussion zum von meiner Holden gefürchteten Thema. In Lugansk keine Reiterhorden, alles normal.
           Zurück zur Überschrift.
          Im gestrigen ukrainischen Teil des Internets gab es ein Banner mit dem Text: „Jazenjuk und Tjagnibok beerdigen Klitschko.“ Weil meine Frau in dem Moment von mir eine Antwort erwartete, wurde ich abgelenkt. Danach war das Banner verschwunden. Weil hier nur von einem politischen Vorgang die Rede sein konnte, fand ich nichts Entsprechendes heute.
         Allerdings gab es in den letzten Tagen vier kleine Szenen in der Berichterstattung, die mir auffielen.
           Zuerst die Reaktion auf die Frage, ob jemand wüsste, wo Jazenjuk sei. Unter Lachen der Umstehenden: „Der mit der ehrlichen Kugel in der Stirn? Ist heute noch nicht hier gewesen.“ Sinngemäß: traut sich wohl doch nicht in die vorderste Front.
        Als zweites  die deutliche Weigerung von sogenannten „Aktivisten“, der Aufforderung von Vitalij Klitschko nachzukommen, ein besetztes Gebäude zu räumen. Man wendete sich einfach ab. Sinngemäß: wer bist du denn? Er sah nicht wie ein Sieger aus. 
       Dann ein Auftritt von Herrn Tjagnibok in der Westukraine, noch vor dem Maidan: „…unsere Erde schützen vor Moskowitern, Juden und anderem Dreckzeug!“ Das ukrainische „neschistj“ lässt sich anders als dem letzten Wort im vorigen Satz nicht übersetzen. Diese Art zu sprechen ist in Deutschland von 1933 bis 1945 üblich gewesen. Wehret den Anfängen!
           Zuletzt: ein römisch-katholischer Priester hat in der Westukraine fast die gleichen Worte wie Tjagnibok  gebraucht, wurde anschließend von seinen Oberen rasch in ein Kloster gesandt – zum „Nachdenken“.
        Nur ist Herr Tjagnibok in bester Gesellschaft. Der Oberkommandierende des „Wehrschutzbundes namens Bandera „Dreizack““, welcher als eine Art „grauer Kardinal“ diese paramilitärischen Formationen lenkt, hat Ziele, welchen die „Lugansker Kosaken“ nicht gutheißen.

Bleiben Sie am Ball und recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger 






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