Vor 75 Jahren
begann die Fortsetzung des Zweiten Weltkriegs mit der von deutschen Generälen
im Auftrage Hitlers vorbereiteten Aggression gegen die damalige Sowjetunion.
Als
ich vor 35 Jahren im ukrainischen Kriwoi Rog als Dolmetscher einer Gruppe von
Technikern der Nationalen Volksarmee der DDR am Umschulungskurs auf das
Transportflugzeug An-24 teilnahm, war ich an diesem Sonntag zum Angeln an einem
idyllischen Waldsee eingeladen worden. Da meine Gastgeber am Gewässer ein
kleines Picknick organisierten, um der Opfer des Krieges zu gedenken, war ich
etwas beschämt – hatte ich doch dieses für die meisten Sowjetbürger historisch
einschneidende Datum übersehen.
Gestern habe ich zwei Dinge getan. Als erstes –
in Russisch – die beiden Bücher des in unserem DDR-Sprachgebrauch als „Aufklärer“
bezeichneten Mitarbeiters des militärischen Abwehrdienstes der Sowjetunion zu
lesen beendet. Viktor Suworow stellt in „Der Eisbrecher“ und „Der Tag M“ seine
Sicht auf die Ursachen und Abläufe des Zweiten Weltkrieges dar. Für mich hat er damit
Aufklärung geleistet.
Erstmals habe ich die irrsinnige Arbeitsanspannung aller an
der geheimen sowjwetischen Mobilmachung beteiligten Personen und Einrichtungen erfasst.
Außerdem ebenfalls die menschenverachtenden Praktiken der damaligen politischen Führung.
Dazu verhalf mir noch die „Secondhand-Zeit“ der vorjährigen Nobelpreisträgerin
für Literatur Svetlana Alexijewitsch.
Die
in „Wikipedia“ anzutreffende Einschätzung, dass beide erstgenannten Bücher
geschichtlich unsachlich sind und Fehler enthalten, störte mich nicht. Denn ich
hatte durch Zufall im Internet zuvor dieses folgende Video von Andreas Popp gesehen:
https://youtu.be/J4rHWM8rEqI . Im dazugehörigen
Text fand ich das mir bekannte Wort von Albert Einstein: „Die Definition von
Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu
erwarten.“
Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass auch bei den Historikern
das Festhalten an „ihrer Wahrheit“ (von ihnen veröffentlichter „Lehrmeinung“) dazu
führt, dass sie unkritisch mit sich selbst andere Sichtweisen abweisen.
Selbst wenn
10 % der von Suworow angeführten Fakten falsch sein sollten, sind die
restlichen 90 % für mich ausreichend, zum dritten Mal im eigenen Leben angeblich
„gesicherte Erkenntnisse“ (Ideologien, Weltsichten…) über Bord zu werfen und
die Fragen anders zu stellen.
So, wie es auch Andreas Popp empfiehlt. Mir
reicht es ebenfalls, zu dem „anderen Volk“ zu gehören, welches sich die Volksvertreter
über die Vermassungsmedien schaffen, wenn der dennoch aufgeklärte Bürger unbequeme
Fragen stellt.
Vor den genannten Büchern las ich die Erinnerungen von Skorzeny
und Schellenberg, dazu das Buch über den als Soldat erfolgreichsten deutschen und
als Persönlichkeit unbeugsamen Jagdfliegers Erich Hartmann – aber auch die des als Soldat nach Stalins
Tod aus der Roten Armee entlassenen sowjetischen Luftmarschalls Golowanow.
Ihnen,
die Sie diese Zeilen lesen, kann ich den von mir vollzogenen Sichtwechsel zwar
empfehlen, aber nicht anweisen. Bitte lesen Sie zumindest die beiden auf
Deutsch erhältlichen Bände – „Der Eisbrecher“ und „Der Tag M“.
Selbst einem
militärisch nicht „vorbelasteten“ und vor allem unvoreingenommenen Leser wird –
mit etwas Mühe, der russisch-sowjetischen Grundlagen wegen – sich erschließen,
dass es stimmt, was die Ukrainer hier scherzend formulieren: „Was ist der
Unterschied zwischen Gott und den Historikern?“ Antwort: „Gott kann die
Geschichte nicht mehr ändern.“
Die Tatsache, dass auf Stalins Schreibtisch das
Werk des sowjetischen Generalstabschef Marschall Schaposchnikow „Das Hirn der Armee“ von
1929 lag und er als einzige Person seiner Umgebung diesen Militär mit Vor- und Vatersnamen
anredete, bewies mir, dass die in dem Werk geäußerten Vorstellungen zu Stalins
Credo wurden.
Etwas Ähnliches: Cato der Ältere widerholte vor dem römischen
Senat bekanntlich bei jeder Gelegenheit etwa schon 150 Jahre v. Chr.: „Im
Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden sollte.“ Diese
beständige Kriegshetze führte zum Dritten Punischen Krieg mit Zerstörung
Karthagos.
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried
Newiger
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen