Montag, 12. November 2012

Letzte Reise

        Auf meinem Blog http://erlebnis-leben.blogspot.com/ habe ich vor einiger Zeit die "Abenteuer des Schienenstrangs 2012" gepostet. Die Reise war schon in Kovel zu Ende. Erst jetzt habe ich erfahren, dass sie die letzte für mich war. Der direkte Zugverkehr Kiew-Berlin ist endgültig eingestellt. Die maximal 5 Wagen - davon zwei Kurswagen aus dem Lande und ab Warschau mit einigen aus Russland angekoppelt -  waren einfach unwirtschaftlich. Die Einstellung ist verständlich.

        Damit verschwindet eine Quelle für Erlebnisse und Erinnerungen aus meinem Leben. Die begannen schon mit dem Einsteigen in Kiew. Waren die Mitfahrer im Abteil zwei sehr umfangreiche und ältere Ukrainerinnen, konnte der manchmal wesentlich ältere Kavalier natürlich nicht erwarten, dass eine von ihnen den Bettplatz in der dritten Etage enterte - also Tausch. Dafür die Einladungen zu Frühstück, Mittag- und Abendessen in einer Menge und mit einer Vielfalt, dass die ausufernden Formen ihre Erklärung fanden... 

        Bis vor kurzem das Alkoholverbot in den Zügen durchgesetzt wurde, gab es hin und wieder Diskussionen mit trinkfesten Bürgern des Landes, welche die gemäßigte Zurückhaltung des doch schon "eingemeindeten" Deutschen einfach nicht akzeptieren wollten. 
        Die "Prüfung" durch einen nach Deutschland berufenen Professor aus dem Bereich Dünnschichttechnologien, welche mit 4 zu 1 für mich endete und mit der Bemerkung, dass die abgeschlossene russische Akademie doch eine achtenswerte Bildungsstätte sei.
        Die junge Frau, welche verweint zur Beerdigung des Vaters in die Ukraine zurückfuhr. Sie sprach von ungeklärtem Selbstmord und bedankte sich kurz vor Kiew für Zuhören und tröstende Worte einschließlich der Geste, sie sich an meiner Schulter ausweinen zu lassen.
        Das 45 kg schwere Ersatzteil für eine Straßenreparaturmaschine, das ich am Zoll vorbei unter der Sitzbank mitbrachte, damit weiter im Sommer an der Straße gebaut werden konnte - Sünde und Geschichte!

        Aber auch anderes gab es. Fröhlichkeit, nette Gespräche, die Möglichkeit, gegen den um 20-30 Euro geringeren Fahrpreis ab Berlin nach Kiew mitgenommen zu werden, wenn am Schalter kein Billet mehr zu haben war. Da rückten die SchaffnerInnen etwas zusammen und machten ein Dienstabteil frei...
        Ab Kiew bekam man nicht selten weiblichen oder männlichen geschäftigen Besuch, der eine geraume Zeit durch die Abteile stromerte, um Schmuggelware zu verstecken. Der Korken: ein Ukrainer hatte 17 Flaschen eines anscheinend angefangenen Tafelwassers auf die Tische in vielen Abteilen abgestellt und sammelte das vor Berlin wieder ein. Er erklärte mir, dass der hochwertige Selbstgebrannte für 30 Hrywna je Liter gekauft sei bei einem Freund, der ihm nur exklusive Ware liefere. Die 15 Liter wären als Scotch Whisky in der Kneipe nachgeschenkt mindestens 300 Euro wert. 
        Die ukrainischen und polnischen Zöllner schraubten die Waggons fast regelrecht auseinander. Bei der konfiszierte Ware - Zigaretten und Wodka - gab es viele Tränen der Betroffenen und andere Folgen - und doch fuhren Erfolgreiche bis Rzepin mit -letzte Station vor der deutschen Grenze.

Aus - vorbei.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger







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