Als ich mich 195 an
meinen neuen Arbeitsplatz in der Ukraine begab, sagte mir ein mit der Haltung
sowjetischer Menschen zu natürlichen Reserven gut vertrauter deutscher
mittelständischer Unternehmer: „Wenn ich dort investieren sollte, würde ich eine
Fabrik zur Produktion von Zählern aufmachen. Gas, Wasser, elektrische haben sie
schon. Denn die anderen werden bald eingebaut werden müssen. Damit jeder
Energie sparen lernt.“ Sehr weitsichtig. Denn bei der allseits verfluchten gegenwärtigen
drastischen Tarifsteigerung für Wasser und Gas habe ich das Gefühl, dass die
Energieeinsparung endgültig sogar bei den Politikern angekommen ist. Dass sie
nun mit Gewalt über das Portemonnaie der bedürftigen Bürger erzwungen werden
soll. Weil in der Vergangenheit die Fantasie der politischen
Entscheidungsträger nicht ausreichte, die Folgen der – sowjetisch geprägten –
Energieverschwendung
für die Wirtschaft des Landes einzuschätzen. Die sich in beim gewöhnlichen Verbraucher
in ewig tropfenden Wasserhähnen, nicht ausgeschalteten Lampen und bei niedrigen
Außentemperaturen in Heizung der Wohnung mittels Flammen des Gasherds in der
Küche bemerkbar machten.
Die betroffenen Ukrainer
scherzen: „Ein alter Jude liegt im Sterben. Er fragt mit schwacher Stimme: „Sahra,
bist du da?“ „Ja, Moishe.“ „Die Kinder?“ „Ja, Papa.“ „Auch die Enkel?“ „Ja,
Opa.“ „Weshalb brennt dann Licht in der Küche?“
Hier im Lande ist
die Nationalität der Person meistens kein Beispiel für Antisemitismus, sondern
für Weisheit und Geschäftssinn.
Im vorigen Post http://mein-ostblock.blogspot.com/2017/02/unzufriedenheit.html
habe ich die Situation im Gesundheitswesen der Ukraine angerissen. Ergänze hier:
kritische Sendungen des Fernsehens beleuchteten die Verschwendung von
bereitgestellten Mitteln des Budgets, Situationen von Bestechlichkeit, Verletzung
der verfassungsmäßig garantierten kostenfreien medizinischen Behandlung, häufiges
Fehlen notwendiger Medikamente oder deren bis ins 14-fache gegenüber Westeuropa
übersteigerte Preise. Dazu die erbärmlich geringen Gehälter im
Gesundheitswesen, die Ausdünnung des Netzes von Krankenhäusern und anderes
mehr.
Nicht an allem ist allein
das von Frau Suprun geleitete Ministerium schuld. Jedoch nicht völlig
unbeteiligt. Denn der Einkauf teurer (häufig stark überteuerter) komplizierter Diagnostik-Ausrüstung
muss mindestens auf einer seiner Etagen abgesegnet werden… Es ist so nicht
verwunderlich, dass die mit viel Reklameaufwand angekündigten Eröffnungen von „medizinischen
Einrichtungen der Zukunft“ in steriles Wasser fielen. Oder die hochmoderne
Ausrüstung ungenutzt herumstand. Nicht, weil die medizinisch gebildeten Nutzer
die Technik nicht beherrschten, sondern weil viele andere bürokratische Hindernisse
auftauchten…
Dass das Vertrauen
zu vielen Politikern rapide sinkt, lässt sich am deutlichsten am Fraktionschef
der Radikalen-Partei darstellen – an Oleg Ljaschko. Seit im Lande durch das
Fernsehen bekannt wurde, dass der mit Worten recht radikale und auch geschickte
Jurist Ljaschko sich für rund 11 Millionen Hrywna (heute etwa 380.000 Euro) im
ehemaligen reinen „Regierungsviertel“ Kontsche Saspa eine Luxusvilla mit recht
großem Geländeabschnitt gekauft hat, ist sein Rating noch intensiver gesunken.
Noch eine Bemerkung
zum georgischen (grusinischen) „Gastarbeiter“ Saakaschwili, der nicht mehr
Gouverneur des Gebietes Odessa ist. Seine Analyse zum US-amerikanischen
Präsidenten Donald Trump hat die Ergebnisse der Offenlegung von Einkünften und
Besitz ukrainischer Entscheidungsträger auf eigenwillige Weise verwendet. Er sagte
sinngemäß: „Wenn die ukrainischen Politiker den Geschäftsmann-Präsidenten Trump
um Finanzhilfe angehen, handelt der ganz pragmatisch. Unter Hinweis darauf, dass
eben diese Politiker Millionen und Milliarden selbst deklariert haben,
verweigert er den Ukrainern Kredit. Denn den brauche sein Land selber. Um beispielsweise
das Eisenbahnnetz zu sanieren. Ich habe selbst gesehen, dass die Strecke (zwischen
zwei großen Städten – habe ich nicht verstanden) in schlechterem Zustand ist
als die zwischen Kiew und Poltawa.“
Dass der
amerikanische Präsident eigenwillig ist und so handelt, wie er das am
sinnvollsten für die USA einschätzt, werden alle Propheten lernen müssen.
Bleiben Sie recht
gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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