Es ist ab und an
problematisch, sich zurück zu halten. Wenn sich Ereignisse überstürzen und
Informationen widersprüchlich sind, ist das aber in einem tendenziösen Blog sinnvoll.
Denn Halbwahrheiten sind bekanntlich schlimmer als Lügen. Was nicht wenige
Journalisten vergessen…
In meine Ansichten sind einige in letzter Zeit neue
Grundlagen eingeflossen. Weil ich das Buch „Ändere die Welt!“ von Jean Ziegler,
von 2000 bis 2008 Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung,
fast in einem Atemzug ausgelesen habe. (ISBN 978-3-570-10256-5) Seit ich die
aus den USA stammenden Prinzipien für den so genannten „Neoliberalismus“ des
„Washingtoner Konsens“ (S. 74-78 genannten Buches) endlich genauer kenne, bin
ich auch bewusst Globalisierungsgegner. Denn ich bemerke deutlich, dass die
Ukraine auf diesen Weg gedrängt wird.
Dazu kommt das mir in Russisch
vorliegende Buch „Der Große Vaterländische Krieg – Wie es war … Fakten-Versionen-Kommentare“.
Für diese Sprache kennende – ISBN 978-5-9910-0438-1 in Russland, ISBN
978-966-343-973-0 in der Ukraine.
Das in 2008 erschienene Werk bringt für mich
erstmalig eine Zusammenfassung von wirklich gesicherten Fakten aus einer
Vielzahl an Archiven. Dieser fürchterliche Krieg, dessen Ende ich vor 70 Jahren
bewusst erlebte, hat unter Sicht auf
diese vielfach neuen, dokumentarisch gesicherten Informationen ein weniger
heldenhaft verbrämtes Image. Die Soldaten und Offiziere haben gekämpft. Von
allen Seiten wurden, wie in allen Kriegen bisher und auch in Zukunft, die
Gesundheit der Nationen durch unsinnige Opferung vor allem der Männer aus zwei Generationen
tief geschädigt. Die Rolle aller leitend an ihm beteiligten Personen wird
relativiert. Meist negativ. Er stellte sich erstmals für mich vorwiegend in
einer Art „Fleischwolf für Kanonenfutter“ dar und einer Quelle von Verrat und
Grausamkeiten, die heute noch das Verhältnis vieler Völker nicht nur Osteuropas
nachhaltig belastet. Aber mich hat vor
allem die Schilderung, wie sich die
sowjetische Generalität mit wenigen Ausnahmen bei bitterster Not in der Truppe
mit Verpflegung und Ausrüstung „überversorgte“, zutiefst ernüchtert. Die entsprechenden
Erscheinungen von Machtmissbrauch und Bestechlichkeit in den Armeeführungen der
russischen und ukrainischen Seite sind logische Fortsetzung einer üblen
gewohnten Praxis.
Die rechtlich heute in Russland noch nicht aufgearbeiteten
Verfehlungen des ehemaligen Verteidigungsministers Anatolij Serdjukow sind ein
eklatantes Beispiel…
In der Ukraine geht heute offiziell der Kampf um
Säuberungen im Beamtenapparat und gegen Bestechlichkeit über alles. Auch im Bereich Innen- und Verteidigungsministerium. Jedoch werden
einige andere Dinge „in der Eile“ übersehen.
Die Handlungen von Parlament und
Regierung werden im Fernsehen unter anderem so kommentiert, dass gegenwärtig
die inkompetentesten Politiker seit der ukrainischen Unabhängigkeitserklärung überall tätig sind.
Als eine Woche vor
Jahresschluss ein neuer Steuerkodex in der Rada durchgesetzt wurde, gab es bei
der Diskussion den auf ihm aufgebauten Budgets heftige Kontroversen. Der
Abgeordnete Oleg Beresjuk, Fraktion „Selbsthilfe“ (Samopomosht) formulierte,
dass man einen fremden Steuerkodex abgeschrieben habe, ohne ihn an die ukrainischen
Gegebenheiten anzupassen.
Am Tag danach waren wieder Bergarbeiter zur Demo in
der Hauptstadt, protestierten Mediziner und Lehrer, legten Farmer und gewöhnliche Einwohner wichtige Straßen im Lande
lahm. Weil das mit viel Nachtarbeit korrigierte und in letzter Minute
angenommene Budget keinesfalls ein „soziales“ ist.
Schon regen sich Kräfte im Land,
welche formulieren, dass die politische Entwicklung keinesfalls dazu geeignet
ist, die auf dem Maidan erklärten Ziele durchzusetzen. Die deshalb an einen
neuen Maidan laut denken.
Mein Leser, Sie verstehen: ohne exakte Kenntnis der
ukrainischen Sprache sind diese Eindrücke aus für mich besorgniserregenden
Bruchstücken entstanden. Aus Reden leitender Politiker und Analysen
verständiger Ökonomen und Politologen. Aus Meinungen aus der Bevölkerung,
welche durch die neuen erhöhten Tarife für Gas, Elektrizität, Wasser, Preissteigerungen
für Lebensmittel und mehr äußerst aufgebracht ist.
Für den gegenwärtig dennoch ungebrochenen Geist der Bevölkerung steht mir
eine Anekdote. Dazu ist zu sagen, dass die Huzulen darin zu einer sehr
abgeschiedenen lebenden, kleinen Völkerschaft gehören.
Zur Anekdote: Bei
Wladimir Putin klingelt das Handy. „Wir ukrainischen Huzulen erklären ihnen
offiziell den Krieg.“ „Wie groß ist eure Armee? “ „Wir sind am Tisch acht
Männer.“ „Ich habe hunderttausende unter Waffen.“ „Wir rufen gleich zurück.“
Nach fünf Minuten: „Pan Putin, wir ziehen die Kriegserklärung zurück.“ „Habt
also Angst bekommen.“ „Nein. Wir können so viele Gefangene nicht durchfüttern.“
(Ein anderer Schluss: „Auf unserem Friedhof ist nicht so viel Platz für alle.“)
Meinen ukrainischen Freunden und ihren Familien wünsche ich, dass wir gemeinsam durch alle Widerwärtigkeiten kommen und gesund bleiben!
Bleiben auch Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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