Als ich gestern
Abend mit dem Hund Gassi war, stritten sich recht laut drei junge Männer. Thema:
ukrainische Innenpolitik. Die Ausdrücke, mit welchen sie das ukrainische
Parlament bedachten, waren deftig. Hier zu wiederholen nicht angemessen.
Dagegen war die von Nadija Sawtschenko vor
den Abgeordneten der Rada vernehmbar geäußerte Charakteristik für diese als „Hammelherde“
lächerlich unbedeutend. Die Unzufriedenheit im Volk wächst deutlich. Da befürchte
ich leider unkontrollierte Ausbrüche…
Im Fernsehen gibt
es Sendungen, welche die Situation relativ gesittet, aber dennoch deutlich
darstellen. Um im Kurs zu sein, versuche ich jene mit den Oligarchen Sergeij
Taruta und Vadim Rabinowitsch zu erwischen. Beide haben relativ gleiche, die
Ukraine sachlich deutlich darstellende Ansichten. Dazu die Möglichkeiten und
Verbindungen, an sehr „intime“ Informationen zu kommen. Beide können viele
Zusammenhänge auch in die ökonomische Entwicklung des Landes verständlich
einordnen.
Als vor etwa 10
Tagen bei uns im Wohnhaus mit 36 Wohnungen in zwei davon eingebrochen wurde, erinnerte
ich mich daran, dass in einer Sendung mit Rabinowitsch jener davon sprach, dass
die Anzahl der Wohnungseinbrüche in der Hauptstadt Kiew im Januar 2017
bedauerliche über 750 erreicht habe – etwa 50 % mehr als im Vorjahr. Die aufgeklärten
darunter seien eine unbedeutende Menge. Er bewies mit weiteren Zahlen, dass die
kriminogene Situation im Land durch die rigorose Säuberungsaktion in der
Polizei drastisch verschlechtert worden ist.
Da musste ich an
die Zeit nach 1945 denken. Die dem faschistischen Staat dienenden Amtsinhaber wurden
durch die Siegermächte in fünf Gruppen eingeteilt: in Hauptschuldige
(Kriegsverbrecher), Belastete (Aktivisten, Militaristen und Nutznießer), Minderbelastete,
Mitläufer und Entlastete. Die hiesige „Lustration“ hat nach internationaler Einschätzung
häufig zur Verletzung von Menschenrechten geführt und leitungstechnische
Probleme (siehe Kriminalistik und nicht nur dort) geschaffen. Also ist „historisches
Lernen“ ein Wunschtraum…
Da ist der Bereich
Gesundheitswesen. Die Tatsache, dass nach dem Georgier Alexander Kwitaschwili als
Kurzzeitminister sein Nachfolger die jetzt noch den Ministersessel zeitweilig einnehmende
Frau Uljana Suprun eine in den USA geborene und ausgebildete Ukrainerin und Ärztin ist, hat
wenig Gewicht. Denn es gilt für diese Christin (in Wikipedia hervorgehoben)
auch das Bibelwort: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.“
Wenn dazu gehört, dass
die Brigaden „Schneller medizinischer Hilfe“ ohne Ärzte zu den Patienten fahren
dürfen (müssen), ist das eine ihrer „Heldentaten“. Ihre Entscheidungen im
Bereich Transplantationen sind sehr fragwürdig (der international bekannte
Herzchirurg Boris Todurow kommentierte das wesentlich vornehmer, ich darf
direkter sein). Allerdings hat er das Fehlen von Verbrauchsmaterial für
Herzoperationen deutlich angesprochen. Auch seinen Willen ausgedrückt, im Lande
bleiben zu wollen. Das, obwohl die Gesundheitspolitik tausende junger Mediziner
ins Ausland treibt…
Der Leiter eines
der 26 Institute der Medizinischen Akademie der Ukraine hat erläutert, dass
diese alle laut Budget nur bis zum Februar 2017 finanziert sind. Danach können
weder Gehälter noch Dienstleistungen Dritter bezahlt werden. Daran hat Frau
Suprun noch keinen Anteil – um sachlich richtig zu informieren.
Vadim Rabinowitsch
bezeichnet diese Gesundheitspolitik als „Mord am ukrainischen Volk.“
Sergeij Taruta hat
auf ein anderes Problem hingewiesen. Der extrem hochbezahlte Chef der
staatlichen Eisenbahnen der Ukraine, neuerdings ein polnischer „Gastarbeiter“,
ist seiner bisherigen Arbeit vor allem „ferngeblieben“. Also auch einer Reihe
von dringenden Entscheidungen vor Ort… Angeblich soll er das ukrainische Eisenbahntransportwesen
reformieren. Dort klemmt es an allen Ecken. Dass die ukrainische Wirtschaft bei
weiterer Verschlechterung der notwendigen Transportleistungen noch tiefer in
die Krise rutscht, ist verständlich.
Nur: eben ein „Gastarbeiter“.
Auch hier stelle
ich wieder auf das „wiedervereinigte Deutschland“ ab. Es gab damals in den
deutschen Medien die recht offene Diskussion darüber, dass „in den Osten“ (die
neuen Bundesländer) nur die zweite Kategorie der Beamten geschickt wurde. Welche
die „Erschwerniszuschläge“ (Buschzulage im Volksmund) lockten.
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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